Neues zur Pfändungsfreigrenze – Leidtragende sind die Gläubiger

Konnten sich unpfändbare Beträge (bei Lohnpfändung) gemäß § 850c Abs. 1 und 2 ZPO (Zivilprozessordnung) bisher alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli ändern, so wird seit diesem Jahr bei der Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen von einem zweijährlichen auf einen jährlichen Rhythmus umgestellt. Ob eine Änderung der Pfändungsfreigrenzen dann tatsächlich stattfindet, ist an das zum 1.1. des jeweiligen Jahres errechnete wirtschaftliche Existenzminimum geknüpft.

Mit der nun jährlich möglichen Dynamisierung der Pfändungsfreigrenze bekommt ein Schuldner eventuell steigende Lebenshaltungskosten sogar per Gesetz zeitnah ausgeglichen. Wo bleibt bei all der Dynamisierung der Gläubiger, der, der eine Lieferung oder Leistung vereinbarungsgemäß erbracht und nicht vergütet bekommen hat? Die Inflation geht auch an ihm nicht spurlos vorüber. Lebenshaltungskosten steigen auch für ihn an, treffen auch sein Unternehmen, was u. U. auch Arbeitsplätze schafft, die gesichert werden müssen. Jede Anhebung des Selbstbehaltes für Schuldner führt darüber hinaus beim Gläubiger dazu, dass er noch länger auf sein Geld warten muss, da die „Schuldentilgungs-Raten“, die ihm durch die Gehaltspfändung zufließen, dadurch geringer ausfallen. So kann es durchaus dazu kommen, dass z. B. eine offene Forderung von mehreren tausend Euro mit über 500 EUR jährlich weniger beglichen wird. Es muss wohl nicht extra betont, dass jedem Schuldner genug Geld zum Leben bleiben muss, es ist aber durchaus darauf hinzuweisen, dass man zu einer Gehaltspfändung nicht „wie die Jungfrau zum Kind kommt“. Eine Gehaltspfändung steht erst am Ende einer langen Reihe von Maßnahmen zur Realisierung von Forderungen!

Obwohl hinlänglich bekannt ist, dass viele Haushalte überschuldet sind, ändert sich wenig. Dabei bedeutet Überschuldung ja, dass mit den regelmäßig zur Verfügung stehenden Mitteln die monatlich anfallenden Lebenshaltungskosten sowie bestehende Verbindlichkeiten über einen gewissen Zeitraum oder auf Dauer nicht mehr beglichen werden können. Die Maßnahmen, die ergriffen werden und die Gesetze, die geändert werden, gehen sogar eher zu Lasten der Gläubiger, als dass sie dazu angetan sind, die Ursachen der Überschuldung in irgendeiner Form zu bekämpfen. Dabei sei die „Verkürzung der Wohlverhaltensperiode“ als nur ein Beispiel genannt. Platt ausgedrückt: dem Schuldner können nach drei Jahren „Wohlverhalten“ seine Schulden erlassen werden, der Gläubiger muss hilflos zusehen. Aber wenn selbst die Zahlungsmoral der Öffentlichen Hand ihren Vorbildcharakter verloren hat …. Das Gesetz sollte die schützen, denen (auch finanzieller) Schaden zugefügt wird, und nicht die Schadenverursacher von vorne bis hinten „behudeln“.

Mehr zum Thema: https://www.bremer-inkasso.de/deutsch/aktuelles/pfaendungsfreigrenze-wird-zum-1-juli-2021-erhoeht.html

 

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