Ruhen des Verfahrens
AG Frankfurt, JurBüro 2012, 213
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/ Entscheidungen Kostenrecht/Entscheidungen Zwangsvollstreckung |
JurBüro 2012, 213 -
214 (Ausgabe
4) |
ZPO §§ 766, 807,
900
(Zwangsvollstreckung / Gerichtsvollzieher / Weigerung
der Durchführung eines Antrags auf Sachpfändung und Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung / Einmal begründete Zuständigkeit geht durch Umzug des
Schuldners nicht verloren)
Marion Harmening
Ist der Schuldner zum
Zeitpunkt des Eingangs eines Antrags auf Sachpfändung und Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung beim Gerichtsvollzieher in dessen Bezirk
wohnhaft, kann der Gerichtsvollzieher bei späterem Umzug des Schuldners an
einen Ort, der nicht in seinem Bezirk liegt, nicht die Durchführung des
Auftrags verweigern mit der Begründung, daß er nicht mehr örtlich zuständig
sei. Dies gilt auch dann, wenn ein ruhendes Verfahren vom Gläubiger weiter
betrieben wird und der Schuldner dann nicht mehr in dem Bezirk des
Gerichtsvollziehers wohnt. (L.d.R.)
AG
Frankfurt / Main, Beschluß v. 17. 11. 2011 - 82 M
17031 / 11
Aus den Gründen:
I. Der Gläubiger
stellte unter dem 10. 9. 2009 einen Antrag auf Sachpfändung mit
Anschlußoffenbarung. Dieser ging am 14. 9. 2009 bei Gericht und am
17. 9. 2009 bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher ein, welcher
diesen Antrag unter dem Aktenzeichen 380 DR II 1322 / 09 bearbeitete.
Die Schuldnerin
verzog von ihrer bei Antragseingang gegebenen Wohnadresse in Frankfurt am Main
zunächst unbekannt und eine neue Anschrift wurde zunächst nicht mitgeteilt.
Nachdem der Gläubiger die neue Anschrift der Schuldnerin mitteilte, verweigerte
der Gerichtsvollzieher zunächst die weitere Vollstreckung mit dem Hinweis, daß
er nicht örtlich zuständig sei. Auf die Erinnerung des Gläubigers wurde der
Gerichtsvollzieher durch Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main v. 19. 1. 2011,
Az.: 82 M 15999 / 10 angewiesen, die Vollstreckung nicht mit der
Begründung zu verweigern, daß er nicht örtlich zuständig sei. Hinsichtlich der
näheren Einzelheiten wird auf den Beschluß vom 19. 1. 2011 verwiesen,
welcher sich in der beigezogenen Sonderakte 380 DR 1322 / 09
befindet.
Mit Schreiben vom
2. 2. 2011 zu Az.: 380 DR II 1322 / 09 beantragte der
Gläubiger das Ruhen des Verfahrens unter Rücksendung der
Vollstreckungsunterlagen, da die Schuldner mit Ratenzahlungen begonnen habe.
Mit Schreiben vom
12. 7. 2011 bat der Gläubiger um Fortsetzung des Verfahrens.
Der
Gerichtsvollzieher legte hierfür ein neues Aktenzeichen 380 DR II
947 / 11 an und verweigerte erneut die Durchführung der
Zwangsvollstreckung mangels örtlicher Zuständigkeit.
II. Die Erinnerung
ist zulässig und begründet.
Daß der zuständige
Gerichtsvollzieher zum Zeitpunkt des Antrags auf Ruhen des Verfahrens örtlich
zuständig war, ergibt sich bereits aus dem Beschluß vom 19. 1. 2011.
Auch hiernach ist die
örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers nicht entfallen.
Zunächst ist es
festzuhalten, daß es sich bei dem Schreiben vom 12. 7. 2011 eindeutig
um einen Antrag auf Fortsetzung
ZPO §§ 766, 807,
900 - JurBüro 2012 Ausgabe 4 - 214
des bereits unter dem
Aktenzeichen 380 DR II 1322 / 09 geführten Vollstreckungsverfahren
handelt, so daß es nicht nachvollziehbar ist, daß der Gerichtsvollzieher dieses
Schreiben als einen neuen Vollstreckungsantrag in einer neuer Sonderakte
anlegte. Eine Auslegung dahingehend, daß ein neuer Vollstreckungsauftrag
erfolgen sollte, kommt bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht in Betracht.
Der
Gerichtsvollzieher ist auch weiterhin zuständig.
Insofern der
Gerichtsvollzieher die Ansicht vertritt, daß der gestellte Antrag auf Ruhen des
Verfahrens in eine Rücknahme auszulegen sei, so entbehrt dieses jeglicher
Grundlage. Eine entsprechende Auslegung gegen den Wortlaut und den klar
ersichtlichen Willen der Partei kommt nicht in Betracht.
Weiterhin kann der
Gläubiger entgegen der Ansicht des Gerichtsvollziehers auch den diesen
anweisen, das Verfahren ruhen zu lassen und weitere Weisung abzuwarten (vgl. Zöller-Stöber
, 27. Aufl., § 900 Rn. 13; AG Straubing, Beschluß v.
5. 10. 1978, Aktenzeichen: M 703 / 78). Eine einmal
begründete Zuständigkeit geht durch ein entsprechendes Ruhen des Verfahrens
nicht verloren.
Insoweit in
besonderen Ausnahmefällen von einer Beendigung des Verfahrens mangels
Betreibung über einen erheblichen Zeitraum auszugehen sein mag, so liegt ein
solcher Ausnahmefall bei einem »Ruhen« über einen Zeitraum von unter 6 Monaten
ersichtlich nicht vor.
Eine
Kostenentscheidung war nicht veranlaßt. Es handelt sich um ein einseitiges
Erinnerungsverfahren (der Gerichtsvollzieher ist nicht Beteiligter des
Erinnerungsverfahrens). Es kann weder zu Lasten des Gerichtsvollziehers noch
der Staatskasse eine Kostenentscheidung ergehen (Zöller-Stöber ,
§ 766 ZPO Rn. 34).
Mitgeteilt von Marion
Harmening, Mitarbeiterin der Bremer-Inkasso GmbH, Bremen