AG Waiblingen, JurBüro 2022, 276
AG Waiblingen, Beschl. v. 09.02.2022 – 3 M 1415/21
Pfändung Pkw / Pkw beim Schuldner belassen / kein Haftungsrisiko des Gerichtsvollziehers / kein Kostenvorschuss für das Abschleppen und Verwahren des Pkw
Fundstelle: JurBüro 2022, 276
Thema: ZPO § 808 Abs. 2
(Pfändung Pkw/Pkw beim Schuldner belassen/kein Haftungsrisiko des Gerichtsvollziehers/kein Kostenvorschuss für das Abschleppen und Verwahren des Pkw)
Hat der Gläubiger die ausdrückliche Weisung erteilt, dass ein gepfändeter Pkw beim Schuldner zu belassen ist und diesem sogar die Weiternutzung gestattet, besteht für den Gerichtsvollzieher kein Haftungsrisiko bez. einer Beschädigung oder einem Untergang der Sache. Der Gerichtsvollzieher hat daher die Pfändung vorzunehmen bzw. zu versuchen. Eines Kostenvorschusses bedarf es nicht.
Aus den Gründen:
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.06.2017, der Schuldnerin zugestellt am 27.06.2017.Mit auf dem amtlichen Vordruck erteilten Vollstreckungsauftrag wurde der zuständige Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung beauftragt. Unter anderem erteilte die Vertreterin der Gläubigerin den Auftrag, einen Pkw Peugeot 206 der Schuldnerin dergestalt zu pfänden, dass eine Siegelmarke angebracht und der Schuldnerin Fahrzeugschlüssel und Kfz-Brief abgenommen werden sollen.
Der zuständige Gerichtsvollzieher teilte der Gläubigerin mit, dass er das Fahrzeug nicht in der beantragten Form pfänden könne, da er das Fahrzeug gem. § 808 Abs. 1 ZPO in Besitz nehmen müsse. Es könne nicht vor Ort belassen werden, da an der Straße ein partielles Halteverbot bestehe und mindestens die Möglichkeit bestehe, dass es abgeschleppt wird. Für die weitere Vollstreckung forderte er einen Kostenvorschuss i.H.v. 1.500,– € an, der die Abschlepp- und Unterstellungskosten decken soll.
Hiergegen wandte sich die Bevollmächtigte der Gläubigerin mit ihrer Erinnerung vom 28.10.2021, der der zuständige Gerichtsvollzieher nicht abgeholfen hat.
Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Waiblingen hat mit Beschluss vom 13.12.2021 die Erinnerung zurückgewiesen. es folgte der Argumentation des Gerichtsvollziehers, das Fahrzeug könne wegen des bestehenden Parkverbots nicht an Ort und Stelle belassen werden, da dann die Gefahr bestehe, dass das Fahrzeug abgeschleppt werden und hierfür Kosten entstünden, für die der Gerichtsvollzieher oder dessen Dienstherr haftbar gemacht werden könnten. Hiergegen wendet sich die Vertreterin der Gläubigerin durch die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde vom 27.12.2021, in der darauf hingewiesen wird, dass § 808 Abs. 2 ZPO ausdrücklich vorsieht, dass zu pfändende Gegenstände im Gewahrsam. des Schuldners verbleiben können. Die Gläubigerin habe bereits darauf hingewiesen, dass auch die Schlüssel bei der Schuldnerin verbleiben könnten und diese das gepfändete Fahrzeug weiternutzen. Hierdurch trage sie selbst die Verantwortung dafür, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt und nicht abgeschleppt wird. Eine Haftung des Gerichtsvollziehers scheide aus, wenn er auf ausdrückliche Weisung des Gläubigers handle.
Dem steht auch nicht die Schutzwürdigkeit des Gerichtsvollziehers entgegen. Durch die ausdrückliche Weisung der Gläubigerin, den Pkw beim Schuldner zu belassen und dieser sogar die Weiternutzung zu gestatten. besteht für den Gerichtsvollzieher kein Haftungsrisiko bzgl. einer Beschädigung oder einem Untergang der Sache mehr (vgl. hierzu auch AG Pirna, Beschl. v. 06.05.2013 – 1 M 663/13; AG Mönchengladbach-Rheydt, Beschl. v. 16.04.2013 – 32 M 724/13; AG Brake, Beschl. v. 11.07.2007 – 6 M 964/07; AG Riesa, Beschl. v. 29.04.2008 – 1 M 949/08).
Die Gläubigerin hat ein Belassen der Schlüssel und eine Weiternutzung des Fahrzeuges ausdrücklich genehmigt. Deswegen ist die Schuldnerin auch für ordnungsgemäßes Parken selbst verantwortlich. Die Pfändung in der von der Gläubigerin vorgesehenen Form ist gem. § 808 Abs. 2 ZPO zulässig. Ein Haftungsrisiko des Gerichtsvollziehers besteht nicht. Deswegen war der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin abzuhelfen und der Gerichtsvollzieher anzuweisen, die beantragte Pfändung in der vorgesehenen Form vorzunehmen bzw. dies zumindest zu versuchen. Der Einzahlung des angeforderten Vorschusses für das Abschleppen und Verwahren des Fahrzeuges bedarf es in diesem Fall nicht.
Eingereicht durch Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen