AG Tostedt, JurBüro 2021, 106
AG Tostedt, Beschl. v. 23.11.2020 – 9 M 3914/20
Fiktive Hinzurechnung der Unterkunftskosten bei Ermittlung des pfändbaren Einkommens
Fundstelle: JurBüro 2021, 106
Thema: ZPO § 850c
Zahlt der Schuldner keine Miete, so ist im Fall einer Lohnpfändung zu dem errechneten Nettoeinkommen des Schuldners ein Betrag i.H.v. 296,55 € fiktiv hinzuzurechnen und aus dem sich dann ergebenden Betrag das pfändbare Einkommen des Schuldners gemäß Tabelle zu § 850c ZPO zu ermitteln. (L.d.R.)
Aus den Gründen:
Mit Schreiben vom 07.10.2020 bzw. vom 16.11.2020 wurde durch Gläubigerseite beantragt, die im Pfändungsfreibetrag gem. § 850c ZPO für die Unterkunft berücksichtigten Beträge i.H.v. 296,55 € Unberücksichtigt zu lassen, weil der Schuldner tatsächlich keine Kaltmiete zahlt. Dieses hat die Gläubigerin durch Vorlage des Vermögensverzeichnisses des Schuldners vom 14.01.2020 (AZ.: DR II 955/19) glaubhaft gemacht. In dieser wurde durch den Schuldner auf S. 4 unter Buchstabe k) angegeben, dass keinerlei Miete gezahlt wird.
Dem Antrag der Gläubigerin war nach Anhörung des Schuldners zu entsprechen.
Zutreffend ist, dass entsprechend der Gesetzesbegründung vom 17.08.2001, BT-Drucks. 14/6812 in die Kalkulation des nach § 850c ZPO festgelegten unpfändbaren Betrages eine zu berücksichtigende Kaltmiete von umgerechnet 296,55 € einbezogen wurde. Diese zahlt der Schuldner nach eigenen Angaben tatsächlich nicht. Er ist daher so zu behandeln, als stünde ihm dieser Betrag zusätzlich zu seinem Einkommen zur Verfügung. Der Betrag von 296,55 € ist daher dem ermittelten Nettoeinkommen des Schuldners wie ein fiktives Einkommen durch die Drittschuldnerin hinzuzurechnen, danach ist dann das pfändbare Einkommen des Schuldners zu ermitteln und der pfändbare Betrag an die Gläubigerin auszukehren.
Eingereicht von Juliane Tuleya, Mitarbeiterin der Bremer Inkasso GmbH, Bremen