AG Oranienburg, JurBüro 2016, 658
AG Oranienburg, Beschl. v. 11.08.2016 – 91 M 712/14
Fundstelle: JurBüro 2016, 658
Thema: ZPO § 850
(Lohnpfändung/Schuldner zahlt keine Miete/Nichtberücksichtigung des im Pfändungsfreibetrag enthaltenen Betrages für die Unterkunft)
Zahlt der Schuldner keine Miete, so ist im Falle einer Lohnpfändung zu dem errechneten Nettoeinkommen des Schuldners ein Betrag von 296,55 € fiktiv hinzuzurechnen und aus dem sich dann ergebenden Betrag das pfändbare Einkommen des Schuldners gem. Tabelle § 850c ZPO zu ermitteln. (L.d.R.)
AG Oranienburg, Beschl. v. 11.08.2016 – 91 M 712/14
Aus den Gründen:
Mit Schreiben vom 03.02.2016 wurde durch die Gläubigerseite beantragt, die im Pfändungsfreibetrag gem. § 850c ZPO für die Unterkunft berücksichtigten Beträge für die Unterkunft in Höhe von 296,55 € unberücksichtigt zu lassen, weil der Schuldner tatsächlich keine Kaltmiete zahlt. Glaubhaft gemacht wurde dies durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners, er müsse keine Kaltmiete zahlen. Er hatte in der eidesstattlichen Versicherung lediglich angegeben, er müsse eine monatliche Pauschale für Strom, Gas, Wasser und Abfall zahlen. Der Schuldner hat hierauf mit Schreiben vom 23.02.2016 vorgetragen, dass diese monatliche Pauschale vom Sozialamt (Job Center) als Grundmiete anerkannt wurde, so dass dieser Betrag auch hier als Miete zu berücksichtigen sei. Trotz Nachfrage hat der Schuldner hierüber jedoch keine Nachweise vorgelegt, so dass diese Einwendungen keine Berücksichtigung finden konnten.
Zutreffend ist, dass entsprechend der Gesetzesbegründung vom 17.08.2001, BT-Drucks. 14/6812 in die Kalkulation des nach § 850c ZPO festgelegten unpfändbaren Betrages eine zu berücksichtigende Kaltmiete von umgerechnet 296,55 € einbezogen wurde. Diese zahlt der Schuldner tatsächlich nicht. Er ist daher so zu behandeln, als stünde ihm dieser Betrag zusätzlich zu seinem Einkommen zur Verfügung. Der Betrag von 296,55 € ist daher dem ermittelten Nettoeinkommen des Schuldners wie ein fiktives Einkommen hinzuzurechnen, danach ist dann das pfändbare Einkommen des Schuldners zu ermitteln.
Eine einfache Hinzurechnung des Betrages von 296,55 € zu dem nach Tabelle ermittelten pfändbaren Betrag und Ausschüttung des Gesamtbetrages an die Gläubigerin, wie dies von Gläubigerseite beantragt wurde, kam hingegen nicht in Betracht. Der unpfändbare Betrag des Einkommens des Schuldners ist nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich aus dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen entsprechend der Tabelle zu § 850c ZPO zu ermitteln. Wenn dem Schuldner also aufgrund der Tatsache, dass er keine Kaltmiete zahlt, ein höheres Einkommen zur Verfügung steht, ist hieraus auch der unpfändbare Betrag zu ermitteln.
Mitgeteilt von Sven Drumann, Mitarbeiter der Bremer Inkasso GmbH, Bremen