JurBüro 2013, 441

 

Thema: ZPO § 808 Abs. 2

 

Zeitschrift:  JurBüro - Das juristische Büro

 

Autor:  Marion Harmening

 

Rubrik:  Rechtsprechung / Entscheidungen Zwangsvollstreckung

 

Referenz:  JurBüro 2013, 441 - 442 (Ausgabe 8)

ZPO § 808 Abs. 2

 

(Zwangsvollstreckung / Pfändung eines PKW / Weisungen des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher / Kostenvorschuß / Belassen der Pfandsache im Gewahrsam des Schuldners)

 

Weisungen des Gläubigers, die Beginn, Art und Ausmaß der Zwangsvollstreckung betreffen, sind für den Gerichtsvollzieher bindend, wenn sie mit den Gesetzen nicht in Widerspruch stehen. Weist der Gläubiger den Gerichtsvollzieher ausdrücklich an, einen zu pfändenden PKW im Besitz des Schuldners zu belassen, kann der Gerichtsvollzieher die Durchführung des Auftrags nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 550 € für den Abtransport, Schätzung, Standkosten, Veröffentlichungen etc. abhängig machen. (L.d.R.)

 

AG Mönchengladbach-Rheydt, Beschluß v. 16.4.2013 - 32 M 724/13

 

Aus den Gründen:

 

 

II. Die Erinnerung ist zulässig und begründet.

 

Die Erinnerung ist zulässig und begründet. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen und die besonderen Voraussetzungen für die beantragte Pfändung liegen vor.

 

Die Pfändung durfte vorliegend durch den Gerichtsvollzieher nicht deshalb abgelehnt werden, weil die Gläubigerin den vom Gerichtsvollzieher angeforderten Vorschuß in Höhe von 550 € nicht geleistet hat. Die Gläubigerin hat sich mit dem Belassen der Pfandsache im Gewahrsam der Schuldnerin einverstanden erklärt. Kosten der Pfändung für Abtransport, Schätzung, Standkosten, Veröffentlichung etc. entstehen bei der von der Gläubigerin begehrten Vorgehensweise nicht. Für die Schätzung genügt ggf. ein Anruf bei einem örtlichen Autohändler. Dies ist für den Gerichtsvollzieher zumutbar und stellt eine zulässige Form der Wertermittlung dar (vgl. AG Singen, Beschluß v. 14.5.2010 - 1 M 4335/09).

 

Einwendungen dahingehend, daß die von der Gläubigerin gewählte Art der Pfändung unzulässig sein könnte, hat der Gerichtsvollzieher nicht vorgebracht, solche sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, daß Weisungen des Gläubigers, die Beginn, Art und Ausmaß der

 

ZPO § 808 Abs. 2 - JurBüro 2013 Ausgabe 8 - 442

 

 

Zwangsvollstreckung betreffen, für den Gerichtsvollzieher bindend sind, wenn sie mit den Gesetzen nicht im Widerspruch stehen.

 

§ 808 Abs. 2 ZPO sieht vor, daß andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere im Gewahrsam des Schuldners zu belassen sind, sofern hierdurch die Befriedigung des Gläubigers nicht gefährdet wird. Dies zu beurteilen ist zwar grundsätzlich Sache des Gerichtsvollziehers. Vorliegend stellt sich die Situation aber anders dar, weil sich die Gläubigerin ausdrücklich mit dem Belassen der Pfandsache im Gewahrsam der Schuldnerin einverstanden erklärt hat. Damit scheidet eine Haftung des Gerichtsvollziehers aus, wenn während des Gewahrsams des Schuldners die Sache beschädigt wird, an Wert verliert oder vom Schuldner beiseite geschafft wird. Dieses Risiko trägt vorliegend allein der Gläubiger (vergleiche insoweit AG Brake, Beschluß v. 11.7.2007, Az. 6 M 964/07 ).

 

Im übrigen sieht § 157 Abs. 1 S. 2 GVGA ausdrücklich vor, daß der Gerichtsvollzieher das gepfändete Fahrzeug in Besitz nimmt, sofern nicht der Gläubiger damit einverstanden ist, daß es im Gewahrsam des Schuldners bleibt. Soweit der Gerichtsvollzieher geltend macht, der Wagen könne nur dann im Gewahrsam des Schuldners verbleiben, wenn bei diesem sämtliche Schlüssel aufgefunden würden, ist dies zutreffend; allerdings spricht dies nicht gegen die Zulässigkeit der beantragten Pfändung. Insbesondere ist nicht dargetan, daß die Schlüssel bei der Schuldnerin nicht zu erlangen sind.

 

Die Pfändung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unzulässig. Soweit der Gerichtsvollzieher geltend macht, die Gläubigerin wolle ein Druckmittel gegen die Schuldnerin erhalten, dringt er mit diesem Einwand nicht durch. Maßgeblich ist, daß die Gläubigerin die ihr kraft Parteiherrschaft gegebenen Mittel der Zwangsvollstreckung nutzt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es der Gläubigerin letztendlich doch um die Verwertung eines - und sei es auch nur kleinen - Vermögensgegenstandes der Schuldnerin geht.

 

Mitgeteilt von MARION HARMENING, Mitarbeiterin der BREMER-INKASSO GmbH, Bremen

 

Bremer Inkasso GmbH

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