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AG Bremen, JurBüro 2016, 609

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AG Bremen, Beschl. v. 27.05.2016 – 246 M 460377/16

Fundstelle: JurBüro 2016, 609
Thema: ZPO §§ 174 Abs. 2 Satz 1, 192 Abs. 2, 195 Abs. 1 Satz 5

(Zwangsvollstreckung/Vorläufiges Zahlungsverbot/Übermittlung des zuzustellenden Schriftstücks an den Gerichtsvollzieher per Telefax)

Der Gerichtsvollzieher hat auch ein ihm vom Gläubigervertreter per Telefax übermitteltes vorläufiges Zahlungsverbot zuzustellen. (L.d.R.)

AG Bremen, Beschl. v. 27.05.2016 – 246 M 460377/16

Aus den Gründen:

I. Der Gläubiger vollstreckt aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Bremen vom 09.01.2014 und übersandte dem Gerichtsvollzieher, vertreten durch die … GmbH, am 21.05.2015 via Telefax an die Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des Amtsgerichts Essen ein vorläufiges Zahlungsverbot mit der Bitte um Zustellung beglaubigter Abschriften an den Drittschuldner und den Schuldner. Der Gerichtsvollzieher teilte der Gläubigervertreterin mit Schreiben vom 22.05.2015 mit, er lehne die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Faxes ab, weil er der Meinung sei, dass er von dem Fax nicht eine beglaubigte Abschrift herstellen und zustellen könne. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Gläubigers, welche zunächst von der … GmbH am 03.06.2015 und dann noch einmal von seinem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten am 10.07.2015 beim Amtsgericht Essen eingelegt worden ist. Auf den Antrag des Gläubigervertreters vom 09.02.2016 ist die Sache an das Amtsgericht Bremen abgegeben worden.

II. Die gem. § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.

Der Gerichtsvollzieher hat die Zustellung des Zahlungsverbotes, auch wenn dieses nur per Telefax an ihn übermittelt wurde, antragsgemäß vorzunehmen.

Gem. § 192 Abs. 2 ZPO hat die Partei, welche die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher beantragt, zwar dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften zu übergeben; der Gerichtsvollzieher hat die Abschriften zu beglaubigen und kann fehlende Abschriften selbst herstellen. Hieraus ist indes nicht abzuleiten, dass die Partei dem Gerichtsvollzieher die Urschrift bzw. die beglaubigte Abschrift im Original übersenden muss (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.08.2003 – 1-20 W 40/03, zitiert nach juris). Der Gerichtsvollzieher kann vielmehr auch von einem Faxdokument Abschriften erstellen und beglaubigen. In diesem Fall erstreckt sich die vom Gerichtsvollzieher bei der Beglaubigung vorzunehmende Überprüfung nur darauf, ob die ihm von ihm dem Zustellungsempfänger zu übergebenden Abschriften mit dem ihm vorliegenden Faxausdruck übereinstimmen. Dass es demgegenüber nicht erforderlich ist, dass der Gerichtsvollzieher weitergehend überprüfen kann, ob die zu übergebenden Abschriften auch mit dem Original des gefaxten Schriftstückes übereinstimmen, ergibt sich aus der vom Gesetzgeber in § 174 Abs. 2 ZPO getroffenen rechtlichen Wertung. Nach dieser Vorschrift kann an besonders zuverlässige Personen – wie an einen Gerichtsvollzieher oder auch an einen Rechtsanwalt – ein Schriftstück auch durch Telekopie zugestellt werden. Hierdurch soll der Rechtsverkehr vereinfacht werden. Wenn aber hiernach etwa eine gerichtliche Entscheidung einem Rechtsanwalt nur per Fax zugestellt werden kann, so muss es dem Rechtsanwalt möglich sein, die Zustellung dieses Schriftstücks an die gegnerische Partei über den Gerichtsvollzieher mithilfe dieser Faxkopie gleichfalls zu bewerkstelligen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.08.2003 – 20 W 40/03, zitiert nach juris). Dies wäre nicht der Fall, wenn man die Vorlage des Originals bzw. der beglaubigten Abschrift der Entscheidung beim Gerichtsvollzieher fordern würde. Hier liegt der Fall zwar insofern etwas anders, als das vorläufige Zahlungsverbot an den Gerichtsvollzieher nicht von einem Gericht oder einem Rechtsanwalt – wovon § 174 Abs. 2 ZPO ausgeht – übermittelt wurde. Indes ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Gläubigervertreterin das vorläufige Zahlungsverbot selbst im Original erstellt hatte. Insoweit ist der Fall vergleichbar mit der Übermittlung einer Klageschrift an das Gericht per Fax, die ebenfalls zulässig ist. Es ist deshalb auch die vom Gläubiger an den Gerichtsvollzieher vorgenommene Fax-Übermittlung eines vorläufigen Zahlungsverbots als ausreichend anzusehen (AG Bremen-Blumenthal, Beschl. v. 21.08.2014 – 22 M 1959/14, zitiert nach juris).

Die Erinnerung des Gläubigers erweist sich nach alledem als begründet.

Mitgeteilt von Sven Drumann, Mitarbeiter der Bremer Inkasso GmbH, Bremen

Anmerkung:

Die Entscheidung vom Amtsgericht Bremen ist zu begrüßen und festigt damit die Rechtsprechung hinsichtlich der Aufträge für vorläufige Zahlungsverbote via Telefaxübermittlung an eine Gerichtsvollzieherverteilerstelle oder an den zuständigen Gerichtsvollzieher direkt. Bereits in 2014 hat das Amtsgericht Bremen-Blumenthal entschieden, der Gerichtsvollzieher hat auch ein ihm vom Gläubiger per Telefax übermitteltes vorläufiges Zahlungsverbot nach § 845 ZPO zuzustellen (vgl. AG Bremen-Blumenthal, 21.08.2014 – 22 M 1959/14 = JurBüro 2015, 45 = DGVZ, 2015 – Nr. 2, 39).

Der Gerichtsvollzieher, der die beglaubigte Abschrift einer Faxkopie zustellt, beurkundet eben die Zustellung genau dieses Schriftstückes. Der Schutzzweck der gesetzlichen Schriftform bedingt es nicht, auf die Vorpfändungsbenachrichtigung die Formgrundsätze empfangsbedürftiger Willenserklärungen anzuwenden (vgl. Müller, DGVZ 1996 – Nr. 6, 85).

OLG Düsseldorf stellt in seiner Entscheidung fest, ein Erfordernis, die »Urschrift« dem Gerichtsvollzieher auch zu diesen Zwecken zuzuleiten, besteht vor dem Hintergrund der durch das Zustellungsreformgesetz novellierten Vorschriften der ZPO nicht mehr. […] Die Übergabe des »Originals« i.S.d. § 192 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist selbst keine »Zustellung« an den Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher ist nicht Zustellungsempfänger. [… ] Wenn sich der Reformgesetzgeber bei der Zustellung an bestimmte privilegierte Empfänger mit der geschilderten eingeschränkten Identitätsprüfung begnügt, muss es aber möglich sein auch die bloße Übermittlung eines Schriftstücks an den Gerichtsvollzieher zwecks Ausführung der Zustellung per Fax vorzunehmen. Der Gerichtsvollzieher wird vom Gesetzgeber sowohl als Zustellungsempfänger als auch als Beglaubigender als besonders vertrauenswürdige Person eingestuft. Ihm kann es überlassen werden, bei verlässlichem Faxgerät die eingeschränkte Überprüfung vornehmen und darauf die Beglaubigung zu stützen (vgl. OLG Düsseldorf, 22.08.2003 – I 20 W 40/03 = DGVZ 2004 – Nr. 7/8, 125).

Es liegt eine wirksame Vorpfändung vor, selbst wenn dem Gerichtsvollzieher die von ihm zugestellte Vorpfändungsbenachrichtigung nur als Telefax übermittelt wurde. Die Gläubigervertreterin hat dabei die für bestimmende prozessuale Schriftsätze geltenden Grundsätze berücksichtigt. Sie hat ein Original hergestellt und das Original eigenhändig unterzeichnet. Die Unterschrift ist auf dem – beim zuständigen Gerichtsvollzieher eingehenden Fax-Ausdruck wiedergegeben worden. Authentizität und Ernsthaftigkeit der vorgenommenen Handlung sind erkennbar. Das Fax wurde von dem eigenen Fax-Anschluss der Gläubigervertreterin versandt. Die Ernsthaftigkeit kommt weiter durch die handschriftliche Unterzeichnung des Originals, erkennbar an der übermittelten Unterschrift, zum Ausdruck. Die Absenderkennung zeigt die Herkunft der Fax-Sendung an (vgl. Müller, a.a.O.; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 72. Aufl., § 845 Rn. 8).

Sven Drumann, Mitarbeiter der Bremer Inkasso GmbH, Bremen

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