Namensänderung
BGH, Beschluss v. 21.07.2011 - I ZB 93/10
BGH, 21.07.2011, I ZB
93/10
Vollstreckung gegen
eine Partei bei Änderung des Namens oder der Firma dieser Partei - Verweigerung
der Durchführung der Vollstreckung bei fehlendem Vermerk der Namensänderung
bzw. Umfirmierung einer Partei in der Vollstreckungsklausel
Gericht: |
BGH |
Datum: |
21.07.2011 |
Aktenzeichen: |
I ZB 93/10 |
Entscheidungsform: |
Beschluss |
JURION Fundstelle: |
JurionRS 2011, 22007 |
Fundstellen: |
BB 2011, 2177 DGVZ 2012, 8-10 EBE/BGH 2011, 282-283 EWiR 2011, 723 GuT 2011, 170 JurBüro 2012, 45-46 MDR 2011, 1137 NJW-RR 2011, 1335-1336 NJW-Spezial 2011, 592 NWB 2011, 3751 NWB direkt 2011, 1177 NZG 2011, 1073-1074 RENOpraxis 2011, 275 VE 2011, 174 WM 2011, 1665-1666 ZAP EN-Nr. 721/2011 ZBB 2011, 409 ZfIR 2012, 205 ZInsO 2012, 98-99 ZIP 2011, 2030-2031 |
Rechtsgrundlagen: |
§ 727 ZPO § 750 ZPO |
Verfahrensgang: |
1. AG Rüsselsheim - 18.08.2010 - AZ:
41 M 2185/10 2. LG Darmstadt - 24.11.2010 - AZ: 5
T 511/10 3. BGH - 21.07.2011 - AZ: I ZB 93/10 |
Amtlicher Leitsatz:
ZPO §§ 727 , 750
a) Die
bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei steht der Vollstreckung
eines Titels dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die Personenidentität dem
zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei
nachweist.
b) Dass
die Namensänderung bzw. Umfirmierung einer Partei in der Vollstreckungsklausel
nicht vermerkt ("beigeschrieben") wird, führt lediglich dazu, dass
das zuständige Vollstreckungsorgan, das zu eigenen Ermittlungen hinsichtlich
der Parteiidentität zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, die
Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigern kann, diese
Identität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen.
Der
I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am
21. Juli 2011
durch
den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die
Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler
beschlossen
:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts
Darmstadt vom 24. November 2010 wird auf Kosten der Schuldnerin
zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.500
.
Gründe
1 I.
Die Gläubigerin, die früher als
"Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG" firmiert hat und seit
15. Dezember 2009 mit ihrer gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom
30. September 2009 geänderten Firma UniCredit Bank AG ins
Handelsregister eingetragen ist, betreibt gegen die Schuldnerin aus einer
notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vom 8. Oktober 1993 die
Zwangsvollstreckung. Nachdem ein Vollstreckungsversuch erfolglos geblieben und
die Schuldnerin dem daraufhin anberaumten Termin zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung unentschuldigt ferngeblieben war, ist auf Antrag
der Gläubigerin gegen die Schuldnerin am 18. August 2010 Haftbefehl ergangen.
Die von der Schuldnerin dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg
geblieben.
2 Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde,
deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt, verfolgt die Schuldnerin ihren
Antrag auf Aufhebung des gegen sie am 18. August 2010 ergangenen
Haftbefehls weiter.
3 II.
Das Beschwerdegericht hat seine
Entscheidung wie folgt begründet:
4 Ein Gläubiger, der nach einer
zwischenzeitlich erfolgten Namensänderung die Zwangsvollstreckung
weiterbetreibe, bedürfe nur dann einer neuen vollstreckbaren Ausfertigung, wenn
seine Identität nicht eindeutig festgestellt werden könne. Danach sei im
Streitfall keine neue oder geänderte Vollstreckungsklausel erforderlich. Die
Gläubigerin sei nicht Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank
AG, sondern dieselbe (juristische) Person, die lediglich ihre Firma geändert
habe. Ob die Identität zwischen der vollstreckenden und der im Titel
bezeichneten Gläubigerin bereits offenkundig sei, könne dahinstehen; denn dies
ergebe sich zumindest aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug. Für eine
seitens der Schuldnerin völlig unsubstantiiert behauptete Verschmelzung der
Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG auf eine schon vorher existierende
UniCredit AG bestünden keinerlei Anhaltspunkte.
5 III.
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund
ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft ( § 574 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO ) und auch im Übrigen
zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
6 1.
Das Beschwerdegericht ist mit Recht
und insoweit von der Rechtsbeschwerde auch unbeanstandet davon ausgegangen,
dass die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei der
Vollstreckung eines Titels dann nicht entgegensteht, wenn der Gläubiger die
Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende
Urkunden zweifelsfrei nachweist (vgl. BayObLG, NJW 1956, 1800 f.; LG
Hannover, JurBüro 2005, 275; LG Augsburg, Beschluss vom 19. Februar 2010 -
4 T 4358/08, [...] Rn. 54; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung
und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 750 Rn. 13 und 20, jeweils
mwN).
7 2.
Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne
Erfolg gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, die Gläubigerin habe diesen
Nachweis mit der von ihr vorgelegten notariell beglaubigten Abschrift der
"Bescheinigung aus dem Handelsregister" des Notars Dr. K. vom
8. März 2010 geführt.
8 a)
Entgegen der Ansicht der
Rechtsbeschwerde unterliegt der Beweiswert einer von einem Notar aufgrund
Einsicht in das elektronische Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts
erstellten Bescheinigung über die dortigen Akteneintragungen keinen
grundsätzlichen Bedenken.
9 b)
Aus der Bescheinigung des Notars Dr.
K. vom 8. März 2010 ergibt sich, dass die Gläubigerin früher als
Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft firmiert hat. Damit ist
insoweit keine Rechtsnachfolge eingetreten. Dass der Grund für die Umfirmierung
darin lag, dass die Bayerische Hypound Vereinsbank Aktiengesellschaft zur
selben Zeit von der UniCredit-Unternehmensgruppe übernommen wurde, ist
unerheblich.
10 c)
Aus der Bescheinigung vom 8. März
2010 ergibt sich zwar des Weiteren, dass die Bayerische Hypotheken- und
Wechsel-Bank Aktiengesellschaft, auf die der hier zu vollstreckende Titel
lautete, gemäß Eintragung vom 31. August 1998 auf die gemäß Eintragung vom
selben Tag in "Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft"
umfirmierte Bayerische Vereinsbank Aktiengesellschaft verschmolzen worden ist.
Dem Erfordernis der Klauselumschreibung, das damit entstanden war (vgl. OLG
Hamburg, Beschluss vom 24. August 2009 - 5 W 183/08 , [...]
Rn. 7; Kroppenberg in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 727
Rn. 4), ist jedoch ausweislich der vollstreckbaren Ausfertigung der
notariellen Urkunde mit der am 29. August 2003 erfolgten Erteilung einer entsprechend
geänderten vollstreckbaren Ausfertigung entsprochen worden.
11 d)
Es liegt fern, dass die Bayerische
Hypo- und Vereinsbank AG, der diese geänderte Vollstreckungsklausel erteilt
worden ist, nicht personenidentisch mit der namensgleichen Aktiengesellschaft
war, die nach der am 15. Dezember 2009 erfolgten Eintragung ins
Handelsregister in die Gläubigerin des vorliegenden Verfahrens umfirmiert
wurde. Diese Möglichkeit brauchte daher auch von den Vorinstanzen ohne
entsprechenden Vortrag der Schuldnerin nicht in Betracht gezogen zu werden.
12 e)
Die von der Schuldnerin vorgelegten
gerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung, weil
sie - jedenfalls soweit ersichtlich - die am 15. Dezember 2009 in das
Handelsregister eingetragene Umfirmierung der Gläubigerin fälschlich als
Rechtsnachfolge bewerten. Die von der Schuldnerin des Weiteren vorgelegte
Vollstreckungsklausel vom 15. Februar 2010 ist der Gläubigerin aufgrund
(vermeintlicher) Offenkundigkeit erteilt worden. Damit stellte der Umstand, dass
die Gläubigerin dort als Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und
Vereinsbank AG bezeichnet worden ist, ebenfalls kein aussagekräftiges Indiz für
eine Rechtsnachfolge dar.
13 3.
Das Beschwerdegericht hat es mit Recht
auch als verzichtbar angesehen, dass die Umfirmierung in der
Vollstreckungsklausel vermerkt ("beigeschrieben") wurde (vgl. BGH,
Beschluss vom 27. Februar 2004 - IXa ZB 262/03 , DGVZ 2004, 73, 74;
MünchKomm. ZPO /Wolfsteiner, 3. Aufl., § 726 Rn. 69; Walker in
Schuschke/Walker aaO § 750 Rn. 13 und 20; aA Musielak/Lackmann, ZPO,
8. Aufl., § 727 Rn. 1; Kroppenberg in Prütting/Gehrlein aaO
§ 727 Rn. 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Einf
§§ 727-729 Rn. 5 "Neuer Name"). Die Rechtsbeschwerde
weist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf hin, dass im
Zwangsvollstreckungsrecht der Grundsatz der Formstrenge gilt und dass die
Vollstreckungsorgane in Fällen, in denen die Bezeichnung des Titelgläubigers
von der Bezeichnung desjenigen abweicht, der die Vollstreckung betreibt, keine
Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen trifft. Entscheidend ist hier vielmehr,
dass die Vollstreckungsorgane berechtigt sind, die Frage der Identität der
Parteien zu prüfen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der es unterlässt, einen die
Identität klarstellenden Vermerk bei der Stelle zu erwirken, die die
vollstreckbare Ausfertigung des Titels erstellt (hat), läuft daher zwar Gefahr,
dass das Vollstreckungsorgan die Durchführung der Vollstreckung mit der
Begründung verweigert, die Parteiidentität lasse sich nicht zweifelsfrei
feststellen. Das Vollstreckungsorgan ist aber nicht gehindert, die Identität
der Parteien mit den in der Vollstreckungsklausel genannten Personen im Wege
eigener Ermittlungen festzustellen. Wer als Vollstreckungsschuldner in Anspruch
genommen wird, wird hierdurch nicht unbillig belastet; denn ihm steht die
Möglichkeit offen, die Bejahung der Identität durch das Vollstreckungsorgan mit
den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen anzugreifen.
14 IV.
Nach allem ist die Rechtsbeschwerde
unbegründet und deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
RiBGH Pokrant ist in
Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Bornkamm
Schaffert
RiBGH Dr. Löffler ist
in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Bornkamm
Kirchhoff
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