Die gem. § 766 ZPO statthafte und zulässige Erinnerung des Gläubigers führt in der Sache zum Erfolg.2011ze
Der Gläubiger hat gem. § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO glaubhaft gemacht, daß er durch die Pfändung keine vollständige Befriedigung erlangen kann.
Entsprechend der herrschenden Ansicht in der Rechtsprechung und entgegen der Auffassung der Gerichtsvollzieherin, genügt für die Glaubhaftmachung der Aussichtslosigkeit der Pfändung der Nachweis des Gläubigers, daß bereits einer oder mehrere Haftbefehle gegen den Schuldner aus anderen Verfahren bestehen, wenn diese zeitnah vor Antragstellung ergangen sind (vgl. AG Bremerhaven v. 17. 7. 2006, Az. 94 M 941013/06; LG Oldenburg vom 21. 11. 2003, Az. 6 T 1258/03; AG Bremen v. 12. 11. 2003, Az. 244 M 441410/03; Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 807 Rn. 11; Thomas/Putzo, ZPO, § 807 Rn. 10).
Entgegen der abweichenden Auffassung des LG München (LG München v. 13. 3. 2007, Az. 20 T 4510/07) spricht gegen die Glaubhaftmachung durch den Nachweis von bestehenden Haftbefehlen nicht die Möglichkeit, daß diese entsprechend § 807 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ZPO erlassen worden sein könnten und demnach nicht zwangsläufig auf eine Vermögenslosigkeit des Schuldners hindeuten müssen. Der Schuldner hat nämlich, sollten jeweils die Fälle des § 807 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 ZPO einschlägig gewesen sein, in vorwerfbarer Weise den Rechtsschein gesetzt, daß eine Pfändung fruchtlos gewesen wäre. Deshalb werden die Interessen des Schuldners auch nicht unangemessen benachteiligt, wenn das Bestehen der Haftbefehle als ausreichend zur Glaubhaftmachung gem. § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angesehen wird. Der Schuldner hat die Möglichkeit, die Löschung des Eintrages im Schuldnerverzeichnis zu bewirken und damit der Vermutung der fruchtlosen Pfändung entgegen zu treten (vgl. AG Hann. Münden v. 19. 10. 2009, Az. 5 M 587/09).
Dies entspricht auch den Ausführungen in der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA). Entsprechend des Wortlautes des § 185a Abs. 2 Nr. b GVGA, kann die Glaubhaftmachung durch Hinweis auf die Eintragung des Erlasses eines Haftbefehls gegen den Schuldner im Schuldnerverzeichnis erfolgen. Bei einem bereits zeitnah erlassenen Haftbefehl, würde das Festhalten an einem Sachpfändungsversuch unnötige zusätzliche Vollstreckungskosten verursachen. Der in anderer Sache ergangene Haftbefehl verdeutlicht nämlich, daß der Schuldner offensichtlich vermögenslos ist und daher einen Pfändungsversuch mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos wäre (vgl. LG Mühlhausen v. 23. 11. 2009, Az. 2 T 227/09).
Der Gläubiger hat vorliegend den erforderlichen Nachweis erbracht, daß die Aussichtslosigkeit eines Pfändungsversuches ausreichend wahrscheinlich ist. Die drei bereits bestehenden Haftbefehle sind hier ein hinreichender Nachweis für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Insbesondere da der letzte Haftbefehl vier Monate vor Antragstellung auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung erlassen wurde. Auch die Ansicht der Gerichtsvollzieherin, daß die Haftbefehle lediglich noch nicht gelöscht sein könnten, ist bei einem nur vier Monate alten Haftbefehl äußerst gering. Sollte der Schuldner, wie die Gerichtsvollzieherin anführt, auf einige Forderungen aus Prinzip nicht gezahlt haben, so muß er sich auch für diesen Fall das schuldhafte Hervorrufen des Rechtsscheins der Zahlungsunfähigkeit zurechnen lassen.
Ebenso unwahrscheinlich ist die Möglichkeit, daß der Schuldner eine Forderung begleichen will, andere hingegen nicht. Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß ein Schuldner drei Haftbefehle gegen sich ergehen läßt ohne auf die Forderung zu leisten, die vierte Forderung jedoch begleicht und die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung abwendet. Der Umstand der bestehenden Haftbefehle spricht deshalb mit ausreichender Wahrscheinlichkeit für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.