Anmerkung:
Der Begriff des engen zeitlichen Zusammenhangs ist eine Neuerfindung, die seit kurzem von einigen Gerichtsvollziehern und auch von dem in der Entscheidung benannten AG Münster in Umlauf gebracht wurde. Nachbesserungsverfahren sind bis dahin in dem Zeitraum möglich gewesen, in dem das Vermögensverzeichnis gültig ist. Das sind drei Jahre, § 915 a I ZPO. Dies stellt hier das Amtsgericht Brake auch nochmals und völlig richtig aus dem Gesetz argumentiert klar.2004ze
Kein Kommentar, auch nicht die renommierten Kommentare wie Zöller und Baumbach, sind bislang auf den Gedanken gekommen, die Gläubigerrechte ohne jeden vernünftigen Grund einfach zusammenzukürzen. Im Gegenteil: Zöller / Stöber (24. Aufl., § 903 Rn. 14) spricht davon, daß die Nachbesserung zu erfolgen hat, wenn der Mangel erkannt wird. Die Nachbesserung kann ausdrücklich auch mehrfach erfolgen (wie soll das wohl innerhalb von sechs Monaten möglich sein?). Das LG Hannover, MDR 1979, 237, hat sicherlich mehr Weitblick als das AG Münster (i.ü. abgedruckt DGVZ 2004, 63), wenn es diese Meinung vertritt.
Die Möglichkeit der Nachbesserung steht grundsätzlich jedem Gläubiger offen, der das Vermögensverzeichnis anfordern kann. Wenn der erste Gläubiger, der die eidesstattlichen Versicherung abnehmen ließ, die Nachbesserung ggf. aus Unkenntnis, Nichtvermögen oder auch wegen einer Ratenzahlung des Schuldners nicht durchführen läßt, kann es gleichwohl ein anderer Gläubiger tun. Da die Gläubiger aber nicht informiert werden, daß eine eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde, hängt der Zeitpunkt der Nachbesserung zum einen von dem zufälligen Kenntnisnehmen von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und zudem von dem Erkennen der Nachbesserungserforderlichkeit ab. Der Prüfungszeitraum von einem halben Jahr ist somit für den Drittgläubiger praktisch nicht einhaltbar und selbst für den Antragsgläubiger viel zu eng gefaßt.
Es ist auch nicht ersichtlich, daß eine besondere Schutzbedürftigkeit des Schuldners der durchgehenden Nachbesserungspflicht entgegenstünde. Der Schuldner hat nach der Rechtsprechung die Fragen des Vermögensverzeichnisses so zu beantworten, wie es für die notwendige Prüfung eines Pfändungszugriffes erforderlich ist. Es ist nicht ersichtlich, daß ein Schuldner durch eine direkte Pfändung, z.B. beim im Vermögensverzeichnis angegebenen Arbeitgeber zwei Jahre nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mehr belästigt wird als durch eine vorbereitende Nachbesserung hierzu. Die Möglichkeit der Nachfrage im Nachbesserungsverfahren dient auch der vom Gesetzgeber gewünschten Beschleunigung des Einzugsverfahrens.
Was das AG Münster mit seiner Entscheidung bezwecken will, bleibt im Dunkeln. Wenn das AG meint, daß die Nachbesserung nicht mehr zum Erfolg führen kann, kann es nur meinen, daß die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht mehr zutreffend sein können nach sechs Monaten. Dann ist also nach sechs Monaten immer die wiederholte eidesstattliche Versicherung angezeigt als Instrument der Informationsbeschaffung? Dies steht wiederum im Widerspruch zu den Grundzügen des § 903 ZPO.
Das AG Münster hat in seiner Entscheidung tatsächlich nur diesen einen Satz zum Thema aufgeführt: »Eine Nachbesserung einer ... abgegebenen eidesstattlichen Versicherung muß ... in einem zeitlichen Rahmen zu einer solchen stehen und darf einen Zeitraum von 6 Monaten nicht
⇓ 2004 Heft:
9 Seite:
503 ⇓ überschreiten«. Offenkundig dient diese Entscheidung mehr denen als Hilfe, die sich der Nachbesserung tatsächlich erwehren wollen: den Gerichtsvollziehern. Die gebührenfreie Nachbesserung, die seit Jahrzehnten geübter Bestandteil des Verfahrens der eidesstattlichen Versicherung ist, ist mit Sicherheit für die gebührenorientiert handelnden Gerichtsvollzieher keine Freude. Kein anderes Vollstreckungsverfahren wird von den Gerichtsvollziehern mit solcher Akribie demontiert wie das gebührenfreie und damit nicht mehr lukrative Nachbesserungsverfahren. Gleichzeitig läßt die Qualität der abgenommenen eidesstattlichen Versicherung allgemein bekannt nach.
Für die Begründetheit der Nachbesserung kommt es lediglich darauf an, ob die Antwort auf die Frage vollstreckungsrechtlich zum Erfolg, also zu einer Pfändung führen kann. Das Zwangsvollstreckungsrecht dient auch dem Schuldnerschutz, es dient aber vor allem dem legalen und nach Möglichkeit schnellen Forderungseinzug, der durch die Entscheidung des Amtsgerichts Brake in seinen Grundfesten gestärkt wird.
Ulrike
Buschmann,
Assessorin jur., BREMER INKASSO GmbH,
Bremen (
www.bremer-inkasso.de)