I. Die Gläubigervertreter stellten unter dem 10. 9. 2009 einen Antrag auf Sachpfändung mit Anschlußoffenbarung gegen die Schuldnerin. Dieser Antrag ging am 14. 9. 2009 bei Gericht und am 17. 9. 2009 bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher G. ein.2011ze
Als Anschrift der Schuldnerin war angegeben: »A.-Str. 11, 60599 Frankfurt«.
Am 18. 9. 2009 teilte der Gerichtsvollzieher G. zu 380 DR II 1322/09 mit, die Schuldnerin sei unter dieser Anschrift amtsbekannt pfandlos. Zugleich teilte er mit, er habe das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingeleitet.
Unter dem 26. 10. 2009 teilte er der Gläubigervertreterin mit, er habe e.V.-Termin auf Donnerstag, den 26. 11. 2009 festgesetzt.
Mit Schreiben vom 19. 11. 2009 teilte der Gerichtsvollzieher der Gläubigervertreterin mit die Schuldnerin sei unbekannt verzogen und sandte die Vollstreckungsunterlagen zurück.
Wie sich aus der »erweiterten Melderegisterauskunft« der Stadt Frankfurt am Main vom 24. 11. 2010 ergibt, ist die Schuldnerin am 6. 11. 2009 nach 56235 Ransbach-Baumbach verzogen.
Der Gerichtsvollzieher verweigert die weitere Vollstreckung unter Hinweis darauf, die Zwangsvollstreckung sei bereits am 19. 11. 2009 beendet worden.
Mit Schreiben vom 1. 9. 2010, ergänzt durch Schriftsatz vom 17. 9. 2010, hat die Gläubigervertreterin gegen diese Weigerung Erinnerung eingelegt mit der Begründung, der Gerichtsvollzieher G. bleibe gem. § 899 ZPO zuständig und könne ggf. den für die jetzige Anschrift der Schuldnerin zuständigen Kollegen um Rechtshilfe bitten.
II. Die Erinnerung ist zulässig und begründet.
Der für die ursprüngliche Anschrift der Schuldnerin in Frankfurt am Main zuständige Gerichtsvollzieher G. ist weiterhin für die Bearbeitung des Kombi-Auftrages des Gläubigers vom 10. 9. 2009, also insbesondere zur Durchführung des e.V.-Verfahrens zuständig.
Zuständig für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz hat. Ein späterer Wohnsitzwechsel berührt die einmal begründete Zuständigkeit nicht. Spätere Änderungen sind somit analog § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für die Zuständigkeit unbeachtlich. Dies entspricht der in §§ 22a Nr. 1 GVO, 185c Nr. 3 GVGA getroffenen Regelung.
Bei einem »Kombi-Auftrag«, also einem Antrag auf Sachpfändung, verbunden mit einem Antrag auf Anschlußoffenbarung für den Fall der fruchtlosen Pfändung oder des Vorliegens einer der anderen Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 ZPO ist als Zeitpunkt des Auftragseingangs der Tag maßgeblich, an dem der vergebliche Pfändungsversuch stattfand oder die Gerichtsvollzieherbescheinigung nach § 63 GVGA erteilt wurde, da erst zu diesem Zeitpunkt die Bedingung greift, unter der der Antrag auf Abnahme der e.V. steht.
Im vorliegenden Fall wurde von dem Gerichtsvollzieher G. unter dem 18. 9. 2009 das Schreiben an die Gläubiger erstellt, wonach die Schuldnerin gem. § 63 GVGA amtsbekannt pfandlos sei.
Zu diesem Zeitpunkt war die Schuldnerin noch unter der Anschrift 60599 Frankfurt, A.-Str. 11, im Zuständigkeitsbereich des Gerichtsvollziehers G. polizeilich gemeldet, was vorliegend als Indiz dafür anzusehen, daß sie dort auch wohnhaft war.
Laut einer »erweiterten Melderegisterauskunft« des Bürgeramts der Stadt Frankfurt am Main vom 24. 11. 2010 erfolgte der Auszug der Schuldnerin nach 56235 Ransbach-Baumbach erst am 6. 11. 2009, also nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Abnahme der e.V. beim Gerichtsvollzieher G.
Damit blieb der Gerichtsvollzieher G. für die weitere Bearbeitung des e.V.-Verfahrens zuständig. Daß ihm die neue Anschrift der Schuldnerin zunächst unbekannt war und diese erst im 8. 2010 dem Gerichtsvollzieher mitgeteilt wurde, ändert an dieser einmal begründeten Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers nicht, da § 899 Abs. 1 ZPO keine Frist angibt, ab der etwa der Gerichtsvollzieher unter der neuen Wohnanschrift für die Abgabe der e.V. zuständig würde. Es entspricht der wohl herrschenden Meinung, daß die einmal nach § 899 Abs. 1 ZPO begründete Zuständigkeit sogar
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auch für spätere Ergänzungen und Nachbesserungen einer abgenommenen e.V. gilt (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Rechtspfleger 1994, 471; Musielak, ZPO, 7. Aufl., Rn. 4 zu § 899 ZPO).
Der zuständige Gerichtsvollzieher kann in einem solchen Fall den Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entweder selbst laden oder aber im Wege der Rechtshilfe den am (neuen) Wohnort des Schuldners zuständigen Gerichtsvollzieher ersuchen, die eidesstattliche Versicherung abzunehmen, wie sich aus § 807 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 479 Abs. 1 ZPO ergibt. Durch die entsprechende Anwendung von § 479 Abs. 1 ZPO ist dem Gerichtsvollzieher mithin - bei weiter Entfernung des Schuldners - ein Ermessen eingeräumt, ob er den Schuldner lädt oder ein Rechtshilfeersuchen stellt. Wegen der entgegen stehenden Regelung in § 479 Abs. 1 ZPO sind §§ 22a Nr. 1 GVO, 185c Nr. 3 GVGA nach den überzeugenden Darlegungen von Pinnel/Rodemann in GVZ 2005, 97 ff. wohl insoweit nicht verbindlich, als danach stets um Rechtshilfe zu ersuchen ist, da durch die dienstrechtlichen Regelungen der GVGA und GVO das Vollstreckungsrecht der ZPO nicht modifiziert werden kann.
Die Entscheidung des Gerichtsvollziehers, ob er den Schuldner zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung selbst lädt oder ein Rechtshilfeersuchen stellt, ist schriftlich in Form einer Verfügung zu fassen. Diese ist nach herrschender Auffassung mit der Erinnerung anfechtbar.
Eine andere Frage, die hier nicht entschieden werden muß, ist, ob eine Gebühr KV 604 nach Feststellung, daß der Schuldner unbekannt verzogen ist, nicht erhoben werden kann, wenn ihm durch den Gläubiger binnen 12 Monaten eine neue Anschrift des Schuldners mitgeteilt wird, weil es sich um eine Fortsetzung des ursprünglichen Auftrages handele (so Drumann,
JurBüro, 2003, S. 510 ff.) oder ob die Fälligkeit der Gebühren eintritt, weil der Auftrag gem. § 3 Abs. 4 S. 1 GVKG als durchgeführt gilt. Bei einer weiteren Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, also immer ein neuer Auftrag vorliegt, der auch neue Kosten auslöst (so
Kessel in seiner Anmerkung zum Beitrag von
Drumann in
JurBüro 2004, S. 65 ff.).
Da die Erinnerung somit begründet ist, war der Gerichtsvollzieher G. antragsgem. zur Fortführung des Antrags auf Abnahme der e.V. anzuweisen.
Eine Kostenentscheidung hatte zu unterbleiben, da die Schuldnerin an diesem Verfahren formell nicht beteiligt ist und dem Gerichtsvollzieher keine Kosten auferlegt werden können.