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LG Aachen, JurBüro 2021, 663

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LG Aachen, Beschl. v. 30.08.2021 – 5 T 46/21

Schuldner nicht aufzufinden / Ruhen des Auftrages an den Gerichtsvollzieher

Fundstelle: JurBüro 2021, 663
Thema: ZPO § 53 Abs. 1 und 3 Satz 1; § 755; GVFV § 1

Ist der Schuldner unter der im Formular–Auftrag an den Gerichtsvollzieher genannten Anschrift nicht zu ermitteln, führt dies nicht zur Beendigung des Auftrags, sondern lediglich zu dessen Ruhen. Teilt der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher alsdann eine neue Anschrift mit, ist der Auftrag fortzuführen. Die Einreichung eines neuen Formular-Antrages ist nicht erforderlich. (L.d.R.)

Aus den Gründen:

I. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens streiten um die Frage der verfahrensmäßigen Erledigung eines Zwangsvollstreckungsauftrags. Mit dem Erinnerungsverfahren begehrt der Gläubiger, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, seinen Antrag nicht mit der Begründung zurückzuweisen, hierfür sei ein weiterer Formularauftrag erforderlich.

Dem Beschwerdeverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Unter dem 03.01.2021 erteilte der Gläubiger und Beschwerdeführer, bevollmächtigt war zunächst die Fa. Bremer Inkasso GmbH (Gläubigervertreterin), den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Pfändung bei dem Schuldner. Im Formular zur Beauftragung wurden im Feld P8 unter sonstige Hinweise folgende Bemerkungen ergänzt:

»Schuldner unbekannt: soweit die Schuldnerin von Ihnen nicht ermittelt werden kann, befragen Sie bitte ggfs. auch Vermieter, Hausmeister, Nachmieter oder Nachbarn etc. nach dem Aufenthaltsort der Schuldnerin (…(Rechtsprechungsnachweise)). Führt auch das nicht zu einem positiven Ermittlungsergebnis, befragen sie bitte auch uns als Gläubigervertreter und lassen das Verfahren – bis zur Mitteilung einer neuen Anschrift – ruhen.«

Unter dem 15.01.2021 teilte der Gerichtsvollzieher der Gläubigervertreterin mit, dass die Schuldnerin unter der Anschrift nicht zu ermitteln sei, schickte die Vollstreckungsunterlagen nach Hinweis darauf, dass eine Ermittlung nach § 755 ZPO nicht beauftragt sei, zurück und stellte den Versuch als »nicht erledigte Amtshandlung (KV 604) mit 15,00 € nebst Wegegeld und Auslagen in Rechnung.

Mit Schreiben vom 29.01.2021 wendete sich die Gläubigervertreterin unter Überlassung der Vollstreckungsunterlagen erneut an den Gerichtsvollzieher und erbat bei Mitteilung der aktuellen Wohnanschrift der Schuldnerin um Fortsetzung des Auftrags.

Der Gerichtsvollzieher reagierte am 05.02.2021 durch Rücksendung der Unterlagen unter Verweis darauf, dass der Auftrag gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 GvKostG bereits als durchgeführt gelte und somit ein neuer Vollstreckungsauftrag einzureichen sei. Der Gläubiger beharrte auf die Fortführung des Auftrags und leitete dem Gerichtsvollzieher erneut die Unterlagen zu, der seine Rechtsansicht mit Schreiben vom 19.03.2021 erneut mitteilte.

Mit Schreiben vom 02.04.2021 bat die Gläubigervertreterin, die Sache als Erinnerung dem Vollstreckungsgericht vorzulegen. Unter dem 11.05.2021 hat der Gerichtsvollzieher selbst der Erinnerung nicht abgeholfen.

Unter dem 21.05.2021 hat die Gläubigervertreterin die Erinnerung begründet. Sie ist der Auffassung, das Verfahren habe geruht und sei durch die Rückgabe der Unterlagen nicht beendet worden. Im Übrigen wird auf den vorgenannten Schriftsatz verwiesen.

Der Gerichtsvollzieher ist der Auffassung, der Auftrag sei nicht ruhend zu stellen gewesen, weil die Gläubiger keinen Antrag nach § 755 ZPO gestellt habe; dem Verfahren stehe ein Hindernis entgegen, weswegen der Auftrag als durchgeführt gelte (§ 3 Abs. 4 Satz 1 GvKostG).

Mit Beschluss vom 16.06.2021 hat das Amtsgericht Düren die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen hat der Gläubiger am 05.07.2021 sofortige Beschwerde eingelegt; dieser hat das Amtsgericht Düren mit Beschluss vom 29.07.2021 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache mit Beschluss vom 27.08.2021 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Kammer zur Entscheidung übertragen.

II. Die gem. §§ 793, 766 ZPO statthafte und auch ansonsten gem. §§ 567, 569 zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Gerichtsvollzieher war vorliegend nicht berechtigt, das Begehren des Gläubigers, um Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von der Einreichung eines neuen Auftrags abhängig zu machen. Insbesondere kann sich der Gerichtsvollzieher nicht darauf berufen, nachdem der Gläubiger nicht den Weg gewählt habe, ihn mit Nachforschungen gemäß Modul L des Antragsformulars zu beauftragen, sei ihm die Möglichkeit genommen, die Anschrift der Schuldnerin nachträglich selbst mitzuteilen und eine Fortsetzung der Zwangsvollstreckung zu verlangen.

Aus der gläubigerseits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.07.2019 (I ZB 71/18) ergibt sich vielmehr zweifellos, dass (im Auftrag des Gläubigers vorgenommene) Maßnahmen nach § 755 ZPO verhindern sollen, dass der Gerichtsvollzieher abwarten muss, bis der Gläubiger den Aufenthaltsort des Schuldners ermittelt und mitgeteilt hat (BGH, NJW-RR 2017, 960 [BGH 21.06.2017 – VII ZB 5/14] Rn. 9). Diese Beurteilung setzt voraus, dass der nicht bekannte Aufenthaltsort des Schuldners (Anm.: ohne das Maßnahmen nach § 755 ZPO beauftragt sind), eben nicht zur Beendigung des Vollstreckungsauftrages, sondern zu dessen Ruhen führt (vgl. BGH, NJW-RR 2019, 1531 [BGH 04.07.2019 – I ZB 71/18] Rn. 10). Die Änderung der Vorschrift des § 755 ZPO führte – bei anderslautenden Verständnis – dazu, dass dem Gläubiger die nach der früheren Rechtslage eröffnete Möglichkeit genommen wäre, die vom Gerichtsvollzieher jedenfalls zunächst nicht ermittelte aktuelle Anschrift des Schuldners selbst in dem betreffenden Vollstreckungsverfahren in Erfahrung zu bringen (vgl. BGH a.a.O., Rn. 12). Der Bundesgerichtshof vertritt somit allgemein die Auffassung, dass dem Gläubiger im Verfahren die Möglichkeit eingeräumt ist, den unbekannten Aufenthaltsort eines Schuldners in Erfahrung zu bringen, wenn der erste Anlauf des Gerichtsvollziehers erfolglos geblieben ist. Da dies nach dem Verständnis der Kammer auch dem berechtigten Anspruch auf Anhörung von Beteiligten in wesentlichen Verfahrensfragen entspricht, hat die Kammer keinen Anlass, vorliegend von dieser Auffassung abzuweichen.

Auch wenn die kostenrechtliche Beurteilung im Hintergrund für das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren ausschlaggebend gewesen sein mag, ist die kostenrechtliche Frage im vorliegenden Erinnerungsverfahren tatsächlich nicht zu entscheiden. Der vorliegende Kostenansatz ist in keiner Weise beanstandet worden. Gleichwohl weist die Kammer darauf hin, dass der Entscheidung des kostenrechtlichen Aspekts eine vernünftige Abwägung der Frage, ob der Durchführung des Auftrags abschließende Hinderungsgründe entgegenstanden, voranzugehen hat (vgl. hierzu Toussaint, Kostenrecht, GvKostG § 3, Rn. 64). Das Ergebnis dieser Abwägung dürfte sich in aller Regel mit den vorstehend zu beantwortenden Fragen zur Ermittlungsmöglichkeit durch den Gläubiger decken.

Daher war der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Gerichtsvollzieher anzuweisen, die weitere Vollstreckung nicht von der Einreichung eines neuen Formulars abhängig zu machen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 788 ZPO.

Eingereicht von Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH

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