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AG Bruchsal, JurBüro 2022, 217

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AG Bruchsal, Beschl. v. 17.12.2021 – 3 M 366/21

vorübergehender Hinderungsgrund Vollstreckungsauftrag / Kosten

Fundstelle: JurBüro 2022, 217
Thema: ZPO § 750 Abs. 1, GvKostG § 3 Abs. 4 Satz 1

Stellt der Gerichtsvollzieher fest, dass der Schuldner unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln ist, dort aber eine Person mit ähnlichem Vornamen wohnt und legt der Gläubiger alsdann innerhalb eines angemessenen Zeitraumes einen Berichtigungsbeschluss vor, handelt es sich hierbei nicht um einen neuen, sondern um die Fortsetzung des ursprünglichen Auftrages. (L.d.R.)

Aus den Gründen:

I. Mit Vollstreckungsauftrag vom 12.07.2021 hat der Gläubiger die Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner »Andrea W.« beantragt. Mit Schreiben vom 16.07.2021 teilte der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger mit, dass der Schuldner unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei und unter dieser Anschrift eine Person mit ähnlichem Vornamen wohne. Er gab des Weiteren an: »Ich bitte gegebenenfalls um Titelberichtigung«

Mit Schreiben vom 20.09.2021 legte der Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen nebst Berichtigungsbeschluss vor. Mit Schreiben vom 28.09.2021 teilte der Gerichtsvollzieher mit, dass es sich nunmehr kostenrechtlich um einen neuen Vollstreckungsauftrag handeln würde und ein neuer Vollstreckungsauftrag vorzulegen sei. Hiergegen legte der Gläubiger Erinnerung ein, da er der Auffassung ist, dass das alte Verfahren fortzuführen sei.

Der Gerichtsvollzieher hat angegeben, dass er den Schuldner an der Anschrift nicht angetroffen hat. Er hat vor Ort festgesteilt, dass es an der Anschrift keinen Schuldner mit dem Vornamen »Andrea« gibt. Mangels Identitätsfeststellung hat er das Verfahren eingestellt.

II. Die zulässige Erinnerung ist begründet, § 766 Abs. 2 ZPO.

Nach Maßgabe des § 750 Abs. 1 ZPO müssen Schuldner und Gläubiger im Vollstreckungstitel namentlich bezeichnet sein. Mit dieser namentlichen Bezeichnung wird die Prüfung des Vollstreckungsorgans, dass Gläubiger und Schuldner als Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens mit den Personen identisch sind, für und gegen die der durch den Titel vollstreckbar gestellte Anspruch durchzusetzen ist, sichergestellt. Auch wenn in der Zwangsvollstreckung Formstrenge herrscht, darf § 750 Abs. 1 ZPO gleichwohl nicht kleinlich gehandhabt werden. Eine fehlerhafte Angabe des Namens des Gläubigers oder Schuldners ist unbeachtlich, wenn in Verbindung mit anderen Angaben im Urteil, mit offenkundigen oder leicht feststellbaren Umständen die Identität der (vom Prozessgericht bestimmten) richtigen Person zuverlässig festgestellt werden kann, eine Verwechslungsgefahr also nicht besteht (Landgericht München II, Beschl. v. 23.03.2006 – 6 T 1103/06).

Gemessen hieran hat der Gerichtsvollzieher zwar angegeben, dass er den Schuldner an der angegebenen Anschrift vor Ort nicht angetroffen hat und eine zweifelsfreie Feststellung der Identität nicht möglich gewesen ist. Unsicherheiten gehen insoweit zulasten des Gläubigers. Vor dem Hintergrund, dass der Gläubiger einen Berichtigungsbeschluss erwirkt hat und diesen dem Gerichtsvollzieher vorgelegt hat, besteht jedoch keine Unsicherheit darüber, dass sich der Vollstreckungsauftrag gegen den Schuldner »Andre W.« richtet und lediglich eine Falschbezeichnung vorgelegen hat.

Durch Vorlage des Berichtigungsbeschlusses handelt es sich nach Auffassung des Gerichts ferner nicht um einen neuen Vollstreckungsauftrag. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 GvKostG gilt ein Auftrag als durchgeführt, wenn der weiteren Durchführung Hinderungsgründe entgegenstehen. Es darf sich dabei nicht nur um einen vorübergehenden Hinderungsgrund bei der weiteren Durchführung handeln, der sich mit einem zumutbaren Aufwand in einer vertretbaren Zeit beheben lässt (Toussaint/Uhl, Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 3 GvKostG Rn. 63). Es ist dabei eine vernünftige Abwägung anzustellen. So liegt der Fall hier. Durch das Erwirken des Berichtigungsbeschlusses konnten die Zweifel an der Identität des Schuldners in vertretbarer Zeit beseitigt werden. Bei Zweifeln an der Identität ist es gerade Sache des Gläubigers, eine Berichtigung des Titels zu erwirken (Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 750 Rn. 14). Dieses Vorgehen entspricht auch der vom Gerichtsvollzieher im Schreiben vom 16.07.2021 mitgeteilten Auffassung, wonach um Titelberichtigung gebeten worden ist. Dieser Aufforderung kam der Gläubiger innerhalb angemessener Zeit von rund zwei Monaten nach, sodass der ursprüngliche Vollstreckungsauftrag fortzusetzen ist. Da die Aufforderung des Gerichtsvollziehers nicht mit einer Frist versehen war und damit keine Fristversäumung gegeben ist, ist weiterhin von einem Auftrag auszugehen (vgl. Toussaint/Uhl, Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 3 GvKostG Rn. 66).

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen, da das Erinnerungsverfahren ohne Beteiligung des Schuldners durchgeführt wurde (Zöller/Herget, ZPO 33. Aufl., § 766 Rn. 34).

Eingereicht von Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH

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