AG Lübeck, JurBüro 2022, 216
AG Lübeck, Beschl. v. 19.01.2022 – 51b M 19/20
Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers bei Nachbesserung der Vermögensauskunft / Tätigkeit des Gerichtsvollziehers als ersuchter Gerichtsvollzieher
Fundstelle: JurBüro 2022, 216
Thema: ZPO § 802i
Zuständig für die Nachbesserung der Vermögensauskunft ist der Gerichtsvollzieher, der die ursprüngliche Vermögenauskunft abgenommen hat. Dies auch dann, wenn der Schuldner an einen anderen Wohnort verzieht. Nimmt der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Rechtshilfe als ersuchter Gerichtsvollzieher die Vermögensauskunft ab, begründet dies keine örtliche Zuständigkeit. (L.d.R.)
Aus den Gründen:
Die Gläubigerin wendet sich gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers, die von dem Schuldner abgegebene Vermögensauskunft nachzubessern. Mit Vollstreckungsauftrag vom 16.10.2018 überreichte die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher den Haftbefehl des AG München vom 17.10.2017. Der Schuldner war unbekannten Aufenthalts, ihr war aber bekannt geworden, dass er sich zu einem Gerichtstermin in Lübeck vor dem Landgericht dort am 26.10.2018 aufhalten würde. Die Vermögensauskunft ist dem Schuldner von dem Gerichtsvollzieher am 26.10.2018 abgenommen worden. Unter dem 15.04.2020 stellte die Gläubigerin einen Antrag auf Nachbesserung der Vermögensauskunft. Diesen lehnte der Gerichtsvollzieher mit der Begründung ab, nicht zuständig für die Nachbesserung zu sein.
Die Erinnerung ist zulässig aber unbegründet.
Der Gerichtsvollzieher verweigert eine Nachbesserung der Vermögensauskunft zu Recht, denn er ist hierfür nicht zuständig.
Zuständig für die Abnahme der Vermögenauskunft und der eidesstattlichen Versicherung ist nach § 802e ZPO der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Ausweislich des Haftbefehls ist der Schuldner in …, nach dem Vollstreckungsauftrag ist der Schuldner in … wohnhaft. Die Sonderzuständigkeit des Gerichtsvollziehers … folgt aus § 802i ZPO.
Zwar ist der Gläubigerin zuzustimmen, dass die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Nachbesserung bestehen bleibt. Denn das Nachbesserungsverfahren ist die Fortsetzung des alten und aufgrund des Nachbesserungsverlangens insoweit noch nicht abgeschlossenen Verfahrens. Und zwar auch dann, wenn der Schuldner an einen anderen Wohnort verzieht. Insoweit bleibt es bei der Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers des früheren Verfahrens. Jedoch handelt es sich hier um die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers als ersuchten Gerichtsvollzieher. Die aus § 802i ZPO begründete Zuständigkeit ist keine originäre Zuständigkeit und begründet folglich auch keine örtliche Zuständigkeit. Vielmehr hat der Gerichtsvollzieher des Haftortes, wie der ersuchte GV im Falle der Rechtshilfe, dem Schuldner die Vermögensauskunft abzunehmen (Seibel, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 802i ZPO, Rn. 3). Zuständig bleibt dabei jedoch der Gerichtsvollzieher des früheren. Er kann die ergänzende Versicherung auch dann selbst entgegennehmen, wenn die unvollständige Versicherung vor dem Gerichtsvollzieher des Haftortes oder einem ersuchten Gerichtsvollzieher abgegeben wurde (Seibel, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 802d ZPO, Rn. 19). Im Hinblick auf den Gebührenansatz verkennt das Gericht nicht, dass die Ansetzung der Kosten Nr. 604 in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird. So ist teilweise anerkannt, dass die Gebührenziffer jedenfalls bei einem unbegründeten Nachbesserungsantrag – wie hier – in Ansatz gebracht werden kann (so: AG Münster, DGVZ 2004, 63; AG Gütersloh, DGVZ 04, 94 f.; AG Offenbach, DGVZ 2004, 1575). Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich das Gericht anschließt, kann die Gebühr KV 604 – mangels gesetzlicher Grundlage im Kostenrecht – jedoch nicht in Ansatz gebracht werden. Die Gebühr KV 604 gilt für das gesamte Verfahren über die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung. Da es sich bei der Nachbesserung, auch im Falle des Nachbesserungsverlangens vor dem unzuständigen Gerichtsvollzieher immer noch um dasselbe Verfahren handelt, kann in diesem Verfahren keine weitere Gebühr nach der genannten Kostenziffer anfallen (AG Cloppenburg, Beschl. v. 01.06.2005 – 22 M 1523/05, BeckRS 2005, 31547 Rn. 10–12, beck-online, m.w.N.).
Die ebenfalls erhobene Gebühr für Auslagen, KV 716, bildet dagegen pauschalierte Auslagenkosten ab, die zu erstatten sind.
Eingereicht von Juliane Tuleya, Bremer Inkasso GmbH