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AG Bremen, JurBüro 2021, 53

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AG Bremen, Beschl. v. 23.07.2020 – 246 M 460846/20

Nachbesserung der Vermögenauskunft

Fundstelle: JurBüro 2021, 53
Thema: ZPO § 802c

Es besteht ein Anspruch auf Nachbesserung der Vermögensauskunft des Schuldners, wenn eventuelle Rückforderungsansprüche gegen den Vermieter bestehen. Kein Anspruch auf Nachbesserung besteht, wenn als Indiz für eine Berufstätigkeit des 78jährigen Schuldners eine Visitenkarte vorgelegt wird. (L.d.R.)

AG Bremen, Beschl. v. 23.07.2020 – 246 M 460846/20

Aus den Gründen:

I. Der Gläubiger wendet sich mit seiner Erinnerung gegen die Ablehnung des Antrags auf Nachbesserung der Vermögensauskunft.

Der Gläubiger hat mit Schreiben vom 10.07.2019 beantragt, dem Schuldner die Nachbesserung seiner Vermögensauskunft vom 15.03.2018 in Form der Beantwortung folgender Fragen aufzugeben:

  1. Zur Prüfung, ob eine Inanspruchnahme der Ehefrau gem. § 1375 BGB in Betracht kommt, mag der Schuldner angeben, seit wann er getrennt lebt/geschieden ist und wie die ladungsfähige Anschrift der Ex-Frau ist.
  2. Der Schuldner mag auch die ladungsfähige Anschrift des Vermieters angeben, da der Schuldner hier eine umfangreiche Heizungsreparatur hat durchführen lassen, die u.U. den Vermieter angeht. Er mag insoweit auch eine Kopie des Mietvertrags vorlegen, damit der Gläubiger prüfen kann, was zwischen Mieter und Vermieter bezüglich solcher Reparaturen vereinbart ist. Zudem können sich Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ergeben.
  3. Der Schuldner übergab am 26.09.2017 bei Auftragserteilung die anliegende Visitenkarte. Er mag daher angeben, in welchem Vertragsverhältnis er im September 2017 zu dem Handelshaus stand und er mag angeben, welche Umsätze er ggf. in den letzten 12 Monaten generiert hat und welches Einkommen ihm daraus zugeflossen ist.
  4. Er mag weiter angeben, ob er für dieses Unternehmen ggf. in gleichem Umfang tätig ist.

Diesen Antrag hat die Gerichtsvollzieherin P. unter dem 15.08.2019 mit der Begründung abgelehnt, das Vermögensverzeichnis sei vollständig. Dagegen hat der Gläubiger Erinnerung eingelegt. Die Gerichtsvollzieherin P. hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Gericht vorgelegt.

II. Die gem. § 766 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung ist teilweise begründet. Die zuständige Gerichtsvollzieherin hat den Antrag auf Nachbesserung der Vermögensauskunft des Schuldners nur teilweise zu Recht abgelehnt. Maßgeblich für den Inhalt der vom Schuldner zu leistenden Vermögensauskunft ist grundsätzlich § 802c ZPO. Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift hat der Schuldner seine eigenen persönlichen Daten und im Übrigen gern. § 802c Abs. 2 Satz 1 ZPO umfassende Angaben über alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände zu machen.

Dabei ist dem Gläubiger grundsätzlich darin zuzustimmen, dass dem Schuldner auch andere als die formularmäßig formulierten Fragen zur Beantwortung vorgelegt werden können. Entsprechende Fragen sind allerdings nur in dem Umfang zulässig, wie sie sich auf die Feststellung des Ist-Bestandes des Vermögens beziehen und eine vollständige Erklärung des Schuldners über sein Vermögen erreichen sollen, die Fragen müssen also auf die konkrete Situation des Schuldners abzielen und dürfen nicht lediglich der allgemeinen Ausforschung im Wege der Befragung auf Verdacht dienen (BGH v. 12.01.2012 – 1 ZB 2/11).

Ein Anspruch auf Nachbesserung besteht, wenn das Vermögensverzeichnis, dessen Richtigkeit an Eides statt versichert wurde, zuvor in Bezug auf die geschilderten Anforderungen äußerlich erkennbar nicht vollständig, unpräzise oder widersprüchlich ausgefüllt worden ist (BGH, JurBüro 11, 324 (325)). Dazu muss entweder aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger glaubhaft gemacht haben, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat (BGH, NJW-RR 2017, 896 [BGH 11.05.2017 – I ZB 84/16]). Ziel der Nachbesserung kann es aber immer nur sein, dem Gläubiger die für die Durchführung der Vollstreckung unerlässlichen Informationen zu verschaffen (vgl. MüKo-ZPO/Wagner, 5. Aufl. 2016, ZPO § 802d Rn. 14). Dies ist hier teilweise der Fall.

Im Einzelnen:

1. Es besteht ein Anspruch auf Nachbesserung der Vermögensauskunft hinsichtlich der Angaben zur Vermieterin unter Vorlage des Mietvertrags. Der Gläubiger hat hier glaubhaft gemacht, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat. Es sind im Rahmen der Vermögensauskunft auch (künftige) Forderungen anzugeben, sofern der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Pfändung hinreichend bestimmt sind (BGH, NJW-RR 2011, 851 [BGH 03.02.2011 – I ZB 2/10] a.E.). Der Schuldner hat den Punkt »Forderungen« verneint. Der Schuldner hat hier allerdings eine umfangreiche Heizungsreparatur in einem von ihm nur gemieteten Objekt auf eigene Rechnung durchführen lassen. Es erscheint hinreichend wahrscheinlich, dass diese von der Vermieterin als Eigentümerin hätte durchgeführt werden müssen, sodass der Schuldner nunmehr diesbezügliche Rückforderungsansprüche gegen diese hat. Die Vermögensauskunft ist daher um die Angaben zur Vermieterin und Vorlage des Mietvertrags zu ergänzen. Die Gerichtsvollzieherin war entsprechend anzuweisen.

2. Der Schuldner muss hingegen nicht angeben, seit wann er von seiner Ex-Ehefrau getrenntlebend bzw. geschieden ist. Sofern von Gläubigerseite angeführt wird, eine Inanspruchnahme der Ex-Ehefrau sei vor dem Hintergrund des § 1357 BGB denkbar, so richtet sich dies auf das Interesse des Gläubigers, gegebenenfalls einen weiteren Schuldner zur Verfügung zu haben. Dies wäre – so es denn zuträfe – gegen diese jedoch in einem eigenständigen Verfahren geltend zu machen, für das hiesige Vollstreckungsverfahren hat diese Information keine Auswirkung. Daher betrifft die Frage über die persönlichen Daten der früheren Ehefrau nicht das gegenwärtige Vermögen des Schuldners und auch nicht seine gegenwärtige Situation, sodass die Frage nicht von ihm beantwortet werden müsste (vgl. auch AG Euskirchen, DGVZ 2016, 28).

3. Es besteht schließlich kein Anspruch auf Nachbesserung der Vermögensauskunft hinsichtlich einer etwaigen Berufstätigkeit. Ein solcher besteht, wenn aufgrund des Gesamtbildes tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Teile des Gesamtbildes Arbeitseinkommens des Schuldners verschleiert werden (BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 36. Edition, § 802 Rn. 11). Der Schuldner hat angeben, lediglich seine Altersrente zu beziehen, er war zum Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensauskunft 78 Jahr alt. Der Gläubiger hat angeführt, bei Auftragserteilung eine geschäftliche Visitenkarte des Schuldners überreicht bekommen zu haben. Diese liegt dem Gericht nicht vor, allerdings ist nach hiesiger Auffassung ohnehin eine Visitenkarte nicht ohne Weiteres geeignet, eine tatsächliche Berufstätigkeit glaubhaft zu machen. Visitenkarten können leicht selbst gedruckt werden, ebenso werden Visitenkarten in aller Regel vom Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgefordert, sodass diesen keine Aussagekraft über die gegenwärtige Situation zukommt. Unter Berücksichtigung des Alters des Schuldners liegen hier nach Auffassung des Gerichts keine Anhaltspunkte vor, dass Einkommen verschleiert wird. Dass der Schuldner durch Vorlage einer Visitenkarte ggf. über seine mangelnde Solvenz täuschen wollte, ist für dieses Verfahren unerheblich.

Eingereicht von Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen


Schlagwörter: Reparaturen am Mietobjekt, Vermieter, Nachbesserung, Vermögensauskunft

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