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AG Bremen, JurBüro 2017, 324

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AG Bremen, Beschl. v. 07.03.2017 – 243 M 432994/16

Fundstelle: JurBüro 2017, 324
Thema: ZPO § 759

(Gerichtsvollzieher/Verhaftung/kein Kostenvorschuss für die vorsorgliche Hinzuziehung von Zeugen)

Der Gerichtsvollzieher darf nicht rein vorsorglich ohne konkrete Anhaltspunkte für zu erwartenden Widerstand Zeugen hinzuziehen. Die Auslagen für vorsorglich bereitgestellte, nicht benötigte Zeugen sind weder vom Gläubiger noch vom Schuldner zu erstatten. (L.d.R.)

AG Bremen, Beschl. v. 07.03.2017 – 243 M 432994/16

Aus den Gründen:

I. Mit Schreiben vom 08.01.2015 erteilte die Gläubigerin einen Verhaftungsauftrag, nachdem am 23.12.2014 durch das Amtsgericht Bremen ein Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft erlassen worden war. Außer kostenrechtlichen Hinweisen für den Fall einer freiwilligen Abgabe der Vermögensauskunft enthält dieser Auftrag nur die Beschränkung, dass einer Wohnungsöffnung nicht zugestimmt wird. Der zuständige Obergerichtsvollzieher forderte mit Schreiben vom 16.01.2015 von der Gläubigerin für die Durchführung der Verhaftung des Schuldners einen Kostenvorschuss i.H.v. 300,00 € für Zeugen/Hilfspersonal an. Mit Schreiben vom 01.02.2015 schränkte die Gläubigervertreterin den Vollstreckungsauftrag insoweit ein, als dass von einer Verhaftung Abstand genommen werden solle, sobald Widerstand geleistet werde. Der verhaftete Schuldner solle sogleich/nach 15 Minuten entlassen werden, wenn er die Abgabe der Vermögensauskunft verweigere. Eine Wohnungsöffnung sei nicht durchzuführen. Auf Vorschlag des Obergerichtsvollziehers vom 04.02.2015 und mit Zustimmung der Gläubigerin lud der Obergerichtsvollzieher den Schuldner … unter Hinweis auf einen Haftbefehl vom 23.12.2014 in sein Büro. Dafür leistete die Gläubigerin einen Vorschuss i.H.v. 39,60 €. Der Schuldner erschien jedoch nicht zum Termin. Über den Vorschuss wurde abgerechnet. Mit Schreiben vom 13.03.2015 verlangte die Gläubigerin die Fortsetzung des Verhaftungsauftrags. Dies wurde durch den Obergerichtsvollzieher abgelehnt und weiter auf die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Hinzuziehung von Zeugen beharrt. Gegen diese Vorschussrechnung legte die Gläubigerin Erinnerung rein, die zunächst durch das Amtsgericht Bremen mit Beschluss vom 29.06.2015 zurückgewiesen wurde. Auf die Beschwerde der Gläubigerin entschied das Landgericht Bremen mit Beschluss vom 20.05.2016, dass der zuständige Obergerichtsvollzieher angewiesen wird, den von ihm für den Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin anzufordernde Vorschuss neu zu berechnen mit der Maßgabe, dass für eine rein vorsorgliche Zuziehung von Zeugen kein Vorschuss gefordert werden darf.

Am 02.06.2016 verlangte die Gläubigerin erneut die Fortsetzung des Verhaftungsauftrags. Am 10.06.2016 um 22.55 Uhr und am 15.06.2016 um 10.16 Uhr begab sich der Obergerichtsvollzieher zu dem Wohnort des Schuldners, traf diesen aber nicht an. Darauf beantragte die Gläubigerin beim Amtsgericht Bremen einen Nachtbeschluss zum Haftbefehl, der erteilt wurde und dem Obergerichtsvollzieher mit Schreiben vom 24.09.2016 übermittelt wurde. Der Obergerichtsvollzieher lehnte eine Verhaftung des Schuldners zu Nachtzeiten ohne die Hinzuziehung von Zeugen weiterhin ab.

II. Die Erinnerung gem. § 766 Abs. 2 ZPO ist zulässig und begründet.

Der Obergerichtsvollzieher verweigert vorliegend ohne rechtlichen Grund eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen.

Gem. § 759 ZPO hat ein Gerichtsvollzieher Zeugen herbeizuziehen, sofern bei einer Vollstreckungshandlung Widerstand geleistet wird. Widerstand ist jedes Verhalten, das geeignet ist, die Annahme zu begründen, die Zwangsvollstreckung werde sich nicht ohne Gewaltanwendung durchführen lassen, wobei Drohungen des Schuldners ausreichend können (vgl. Stöber, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 759 ZPO Rn. 2). Vorliegend gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte auf zu erwartenden Widerstand, außer dass der Schuldner bisher nicht angetroffen werden konnte bzw. zu einem Termin im Büro des Obergerichtsvollziehers nicht erschienen ist. Daraus, dass der Schuldner allerdings nicht freiwillig zur Verhaftung erschienen ist, lässt sich aber nicht zwingend der Schluss herleiten, dass er bei einer Verhaftung zu Nachtzeiten zuhause Widerstand leisten wird. Auch wenn es nicht völlig unwahrscheinlich sein dürfte, dass ein Schuldner, der zu Nachtzeiten festgenommen werden soll, damit nicht einverstanden sein wird. Insofern ist das Bedürfnis des Obergerichtsvollziehers, Zeugen zumindest zur Deeskalation bei der Durchführung des Verhaftungsauftrags zu Nachtzeiten mitzunehmen, durchaus nachvollziehbar, aber gesetzlich nicht vorgesehen, Eine reine vorsorgliche Hinzuziehung von Zeugen für eine Vollstreckungsmaßnahme ist insbesondere nicht von § 759 ZPO gedeckt. Das Gericht schließt sich insoweit ausdrücklich den Ausführungen des Landgerichts Bremen (LG Bremen, Beschl. v. 20.05.2016 – 2 T 388/15) an, wonach ein Gerichtsvollzieher Zeugen nicht rein vorsorglich ohne konkrete Anhaltspunkte für zu erwartenden Widerstand hinzuziehen darf bzw. Auslagen für vorsorglich bereitgestellte, nicht benötigte Zeugen sind dem Gerichtsvollzieher weder vom Gläubiger noch vom Schuldner zu erstatten. Entsprechend mag der Obergerichtsvollzieher zu seinem eigenen Schutz vorsorglich Zeugen zur Durchführung des Verhaftungsauftrags mitnehmen. Für den Fall, dass dann der Schuldner Widerstand leistet, wären die Kosten auch von der Gläubigerin zu zahlen, da dann die Voraussetzungen des § 759 ZPO gegeben sein dürften. Anderenfalls müsste nämlich der Obergerichtsvollzieher die Vollstreckungsmaßnahme unterbrechen und dann Zeugen hinzuziehen. Für den Fall allerdings, dass diese vorsorglich hinzugezogenen Zeugen nicht benötigt werden, da kein Widerstand geleistet wird, wäre diese Kosten dem Gerichtsvollzieher mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nicht zu ersetzen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Mitgeteilt von Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, Bremen

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