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LG Verden, JurBüro 2015, 46

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LG Verden, Beschluss v. 1.8.2014 – 6 T 146/14

JurBüro 2015, 46
Thema: ZPO § 808

(Zwangsvollstreckung / Pfändung eines PKWs / Gepfändeter PKW soll beim Schuldner belassen werden / Gerichtsvollzieher darf die Pfändung nicht von Zahlung eines Kostenvorschusses für Abtransport und Sicherstellung des PKWs abhängig machen)

Erklärt sich der Gläubiger ausdrücklich damit einverstanden, dass der zu pfändende PKW in Gewahrsam des Schuldners belassen wird, kann der Gerichtsvollzieher die Pfändung des Fahrzeuges nicht davon abhängig machen, dass der Gläubiger zuvor einen Kostenvorschuss für den Abtransport und die Sicherstellung des PKWs zahlt. (L.d.R.)

LG Verden, Beschluss v. 1.8.2014 – 6 T 146/14

Aus den Gründen:
I. Der Gläubiger vollstreckt aus einer vollstreckbaren Urkunde (UR 651 / 11) des Notars W. aus Bremen vom 16. 8. 2011.

Mit Schreiben vom 2. 3. 2014, beim Amtsgericht Verden (Aller) am 4. 3. 2014 eingegangen, beantragte der Gläubiger die Durchführung der Pfändung des Pkw Ford Focus, amtliches Kennzeichen V … beim Schuldner. Die Pfändung sollte so durchgeführt werden, dass das Fahrzeug beim Schuldner zu belassen und dieses nicht abzutransportieren sei. Der Pkw sollte mithin beim Schuldner verbleiben.

Mit Schreiben vom 4. 3. 2014 forderte der Obergerichtsvollzieher B. einen Vorschuss in Höhe von 650 €. Andernfalls kündigte er die kostenpflichtige Einstellung des Verfahrens an. Als Begründung führte er an, der Pkw müsse nach der Pfändung in die Pfandkammer verbracht werden, da die Haftung nach der Pfändung auf den Gerichtsvollzieher übergehe.

Mit Schreiben vom 8. 3. 2014 wandte sich der Gläubiger an den Obergerichtsvollzieher und teilte mit, dass ein Abtransport nicht erwünscht sei, mithin der Kostenvorschuss neu zu berechnen sei.

Der Obergerichtsvollzieher teilte mit Schreiben vom 11. 3. 2014 mit, es verbleibe bei der bisherigen Auffassung vom 4. 3. 2014.

Mit Schreiben vom 20. 3. 2014 hat der Obergerichtsvollzieher die Sache zur weiteren Entscheidung an das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – abgegeben. In seiner Stellungnahme vom 11. 4. 2014 gab er abermals an, der Abtransport sei aufgrund der auf den Gerichtsvollzieher übergehenden Haftung erforderlich. Zur näheren Begründung wird auf das entsprechende Schriftstück Bezug genommen.

Die Erinnerung des Gläubigers wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Verden (Aller) v. 16. 6. 2014, Az. 7 M 144 / 14, zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss, dem Gläubiger am 19. 6. 2014 zugestellt, legte der Gläubiger mit Schreiben vom 30. 6. 2014 sofortige Beschwerde ein. Dieser wurde durch das Amtsgericht Verden (Aller) mit Beschluss vom 8. 7. 2014 nicht abgeholfen und, unter Beteiligung des Bezirksrevisors beim Landgericht Verden (Aller), dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 30. 6. 2014, beim Amtsgericht Verden (Aller) am 1. 7. 2014 eingegangen, ist zulässig, hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückweisung.

Die Erinnerung des Gläubigers gegen die Weigerung des Obergerichtsvollziehers die Pfändung ohne die Leistung des Kostenvorschuss in Höhe von 650 € vorzunehmen, war zulässig und begründet.

Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen sowie die besonderen Voraussetzungen für die beantragte Pfändung lagen vor.

Gemäß § 808 Abs. 1 ZPO wird die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. Gemäß § 808 Abs. 2 ZPO sind jedoch andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird. Ob eine solche Gefährdung für den Gläubiger besteht, ist grundsätzlich durch den Gerichtsvollzieher zu beurteilen. Vorliegend hatte sich der Gläubiger jedoch ausdrücklich mit dem Belassen der Pfandsache im Gewahrsam des Schuldners einverstanden erklärt. Der Gerichtsvollzieher ist grundsätzlich an Weisungen des Gläubigers gebunden, sofern diese nicht mit dem Gesetz oder der GVGA im Widerspruch stehen. Vorliegend ist die Weisung des Gläubigers mit dem Gesetz oder GVGA vereinbar, der Gerichtsvollzieher hätte die Pfändung mithin weisungsentsprechend durch Belassen des Pkw beim Schuldner durchführen müssen.

Dem steht auch nicht die Schutzwürdigkeit des Gerichtsvollziehers entgegen. Durch die ausdrückliche Weisung des Gläubigers, den Pkw beim Schuldner zu belassen, besteht für den Gerichtsvollzieher kein Haftungsrisiko bzgl. einer Beschädigung oder einem Untergang der Sache mehr (vgl. hierzu auch AG Pirna, Beschluss v. 6. 5. 2013 – 1 M 663 / 13; AG Mönchengladbach-Rheydt, Beschluss v. 16. 4. 2013 – 32 M 724 / 13; AG Brake, Beschluss v. 11. 7. 2007 – 6 M 964 / 07; AG Riesa, Beschluss v. 29. 4. 2008 – 1 M 949 / 08). Sollte der Vermieter einen Abtransport des Pkw tatsächlich fordern, so könnte dieses noch immer, auch auf Kosten des Gläubigers, geschehen. Hierfür sind aber keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, ob der Gerichtsvollzieher bei Belassen des Pkws beim Schuldner tatsächlich ein Haftungsrisiko trägt und aufgrund dessen der Weisung des Schuldners keine Folge leisten muss, bislang für das Zwangsvollstreckungsverfahren nicht ergangen ist und diese Frage nach wie vor streitig ist.

Mitgeteilt von BERND DRUMANN Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH, Bremen

Anmerkung: Siehe auch: AG Pirna, JurBüro 2013, 606; AG Mönchengladbach, JurBüro 2013, 441; AG Singen, JurBüro 2010, 554; AG Hamburg, JurBüro 2009, 384; AG Riesa, JurBüro, 2008, 442; AG Brake, JurBüro 2007, 549; AG Neumünster, JurBüro 2003, 549.

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