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AG Biberach, JurBüro 2015, 660

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AG Biberach an der Riß, Beschluss v. 8.9.2015 – 1 M 1717/15

JurBüro 2015, 660
Thema: ZPO §§ 803, 808, 825; GVKostG KV Nr. 604, 716; GVKostG §§ 3, 10

(Zwangsvollstreckung/Pfändung einer Computeranlage/Urheberrecht wegen gespeicherter Daten/Datenschutz/Gerichtsvollzieherkosten/Auftrag)

1. Die Pfändung einer Computeranlage ist zulässig, wenn diese mit der Maßgabe erfolgt, dass der Computer in Gewahrsam des Schuldners belassen wird, die Verwertung unterbleiben könne, wenn der Schuldner monatliche Raten zahle und für den Fall der Verwertung die Gläubigerin einen Antrag nach § 825 ZPO ankündigt und bereits ein Gebot in Aussicht stellt.

2. Lehnt der Gerichtsvollzieher die Durchführung eines Pfändungsauftrags ab und widerspricht die Gläubigerin dem unter Darlegung seiner Rechtsauffassung, so ist darin kein neuer – gebührenauslösender – Auftrag zu sehen. (L.d.R.)

AG Biberach an der Riß, Beschluss v. 8.9.2015 – 1 M 1717/15

Aus den Gründen:

Mit Schreiben vom 7.1.2014 hat die Gläubigerin aufgrund eines Titels auf Befriedigung wegen einer Geldforderung beantragt, den Computer des Schuldners samt Zubehör dergestalt zu pfänden, dass eine Siegelmarke gut sichtbar am PC angebracht wird. Gleichzeitig wurde gebeten, den Abtransport des Pfandgutes nur mit Erlaubnis der Gläubigerin vorzunehmen, die Verwertung könne unterbleiben, wenn Raten von monatlich 20 € angeboten würden und eine erste Rate in dieser Höhe bezahlt werde. Einer Einstellung gem. § 803 ZPO wurde widersprochen, es wurde angekündigt, dass die Gläubigerin gem. § 825 ZPO selbst mitbietet und ein Gebot in Höhe von 150 € würde abgeben.

Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner am 5.2.2014 angeschrieben, dieser hat sich nicht gemeldet. Am 17.3.2014 wurde seitens des Gerichtsvollziehers ein weiteres Vorgehen gegenüber der Gläubigerin abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass die Pfändung nur insoweit zulässig sei, als sie sich auf den Teil einer Computerfestplatte beziehe, der nicht dem Urheberrecht des Schuldners unterliege, die notwendige Löschung persönlicher Daten des Schuldners durch einen EDV-Fachmann sei unverhältnismäßig, die beantragte Form der Pfändung stelle eine unzulässige Druckpfändung dar.

Die Gläubigerin hat hierauf mit Schreiben vom 28.3.2014 um die Fortführung des Auftrags gebeten und eine andere Rechtsauffassung vertreten.

Daraufhin hat der Gerichtsvollzieher eine weitere Akte (DR 414/14) angelegt und mit Verfügung vom 27.8.2014, unter Verweis auf seine geäußerte Rechtsauffassung, das Verfahren einstweilen eingestellt, verbunden mit einer Kostenrechnung (KV 604 und 716) über 18 €.

Mit Schreiben vom 28.5.2015 hat die Gläubigerin Erinnerung gem. § 766 ZPO eingelegt und beantragt, die Sachpfändung »Computer mit gesamtem Zubehör« nach § 808 ZPO anzuordnen und den Gerichtsvollzieher anzuweisen, zu viel erhobene Gebühren in Höhe von 18 € zu erstatten.

Die Erinnerung ist zulässig und in der Sache auch begründet.

1. Das Gericht folgt der Auffassung des zuständigen Gerichtsvollziehers, dass die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Computer u.a. wegen urheberrechtlicher sowie Datenschutzproblemen rechtlich problematisch ist (vgl. hierzu den Aufsatz von Rudolf Reu und Franz Palm in NJW 1995, 690).

Diese Problematik hat die Gläubigerin hier jedoch damit umgangen, dass von vornherein beantragt wurde, die Pfändung gem. § 808 Abs. 2 S. 2 ZPO derart durchzuführen, dass der PC in Gewahrsam des Schuldners belassen wird und auf diesem ein Siegel angebracht wird.

Diese Vorgehensweise erachtet das Vollstreckungsgericht im konkreten Fall, entgegen der Auffassung des Gerichtsvollziehers als zulässig. Zwar gilt auch im Bereich des Zivilprozessrechtes und damit auch der Zwangsvollstreckung der Rechtsgedanke von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Diese Vorschrift ist jedoch eng auszulegen und bedeutet nicht, dass ein Gläubiger aus prozesstaktischen Gründen gewisse Vorgehensweisen wählt. Die beantragte Vorgehensweise der Gläubigerin wäre nur dann unzulässig, wenn von vornherein klar wäre, dass die Pfändung lediglich als Druckmittel zur Erzielung einer Ratenzahlungsvereinbarung verwendet werden soll. Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Gläubigerin von vornherein eine Verwertung des Pfandgutes ausschließt. Hiervon kann im konkreten Fall nicht ausgegangen werden, zumal die Gläubigerin bereits im ursprünglichen Antrag mitgeteilt hat, sie werde gegebenenfalls nach § 825 ZPO selbst mitbieten und bereits ein Gebot abgegeben hat.

Nachdem sich die beantragte Vollstreckungsmaßnahme mithin nicht als unzulässig darstellt, ist der Gerichtsvollzieher, der zwar im Rahmen der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbständig und in eigener Verantwortung handelt, insoweit an die Weisung der Gläubigerin gebunden.

2. Der Kostenansatz des Gerichtsvollziehers vom 27.8.2014 über weitere 18 € ist aufzuheben, da, entgegen der Auffassung des Gerichtsvollziehers, im Schreiben der Gläubigerin vom 28.3.2014 kein neuer Auftrag gesehen werden kann.

Gemäß § 10 GVKostG wird bei der Durchführung desselben Auftrags eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal erhoben. In § 3 GVKostG ist der Zentralbegriff Auftrag eingeführt. Nach Auffassung des Gerichts wurde hier seitens der Gläubigerin ein einheitlicher Vollstreckungsauftrag erteilt, der auch nicht mit Zahlung der Kostenrechnung vom 17.3.2014 erledigt war. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr ergibt sich, dass das vom Gerichtsvollzieher als neuer Auftrag gewertete Schreiben der Gläubigerin vom 28.3.2014 lediglich die Antwort auf das Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 8.3.2014 war, und dort um die Fortführung des alten Auftrags gebeten wird. Schon vom Wortlaut her kann dieses Schreiben nicht als neuer Auftrag verstanden werden. Es kann auch nicht dahingehend argumentiert werden, dass der alte Auftrag abgeschlossen war, nach der Auskunft des Gerichtsvollziehers vom 27.8.2014 wurde die Kostenrechnung vom 17.3.2014 am 13.4.2014, also nach Zugang des Schreibens vom 28.3.2014, bezahlt.

Auch aus § 3 Abs. 4 GVKostG ergibt sich nichts anderes. Hier wird vom Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen die Auftragsdurchführung unterstellt. Selbst wenn man das Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 17.3.2014 als einer Rücknahme gleichstehend betrachten würde (§ 3 Abs. 4 S. 4 GVKostG), so hat die Gläubigerin mit Schreiben vom 28.3.2014 widersprochen.

Nach alldem war daher der ursprüngliche Auftrag noch nicht erledigt, so dass kein neuer Auftrag vorliege.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Mitgeteilt von Sven Drumann, Mitarbeiter der BREMER INKASSO GmbH Bremen

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