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AG Bremen, JurBüro 2014, 554

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AG Bremen, Urteil v. 14.2.2014 – 4 C 408/12

JurBüro 2014, 554

Thema: InsO §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1

Zeitschrift: JurBüro – Das juristische Büro

Autor: BERND DRUMANN

Rubrik: Rechtsprechung / Entscheidungen Zwangsvollstreckung

Referenz: JurBüro 2014, 554 – 555 (Ausgabe 10)
InsO §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1

(Insolvenzanfechtung / Gläubigerbenachteiligung / Kenntnis des Gläubigers von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners)

Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners ist beim Gläubiger in der Regel dann anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und dem Gläubiger den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt. Die Tatsachenkenntnis des Gläubigers hat der (Anfechtungs-)Kläger darzulegen und zu beweisen. (L.d.R.)

AG Bremen, Urteil v. 14.2.2014 – 4 C 408/12

Aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückgewähr der streitgegenständlichen Zahlung gemäß § 143 Abs. 1 InsO nicht zu. Ein Anfechtungsrecht aus § 133 Abs. 1 InsO besteht nicht.

Nach § 133 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

Selbst wenn die Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zum Zeitpunkt der Zahlung handelte, konnte der Kläger nicht beweisen, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt von einer bestehenden oder drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin Kenntnis hatte.

Die Tatsachenkenntnis der Beklagten hat der Kläger darzulegen und zu beweisen. Dies ist ihm nicht gelungen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht schon eine Kenntnis von Umständen, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie von der Benachteiligung anderer Gläubiger gleich (BGH, Urteil v. 10. 12. 2009 – IX ZR 128 / 08, m.w.N.). Es genügt danach dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (LG Stuttgart, Urteil vom 30. 5. 2012 – 13 S 200 / 11). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht in schematischer Sinne einer von vom Anderen teils widerlegende Vermutung angewandt werden dürfen; die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat das Gericht gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlungen einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (LG Stuttgart, a.a.O.). Kenntnis ist in der Regel dann anzunehmen,

InsO §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 – JurBüro 2014 Ausgabe 10 – 555

wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesen den Umständen nach bewusst ist, dass noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (LG Stuttgart, a.a.O.). Es muss darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende, erst unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgende Erfüllung der Forderung des Gläubigers bei einer Gesamtbetrachtung der ihm bekannten Umstände, insbesondere der Art der Forderung der Person des Schuldners und des Zuschnitts dessen Geschäftsbetrieb als ausreichendes Indiz für eine solche Kenntnis darstellt (LG Stuttgart, a.a.O., m.w.N.; LG Bremen, Urteil v. 7. 3. 2013 – 9 S 174 / 12).

Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen hat der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.

Der Kläger konnte nicht beweisen, dass die Schuldnerin gegenüber der Beklagten angegeben hat, sie sei zum Ausgleich der geltend gemachte Forderung nicht in der Lage. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr zwischen dem Inkassounternehmen und der Schuldnerin folgt ein Hinweis auf eine derartige Äußerung nicht. Auch anderweitige Hinweise auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin folgen aus dem Schriftverkehr nicht. Ein weiteres Beweisangebot seitens des Klägers lag nicht vor.

Der Umstand allein, dass die Forderung der Beklagten aus dem Jahr 2006 resultiert, genügt nicht, um eine Kenntnis der Beklagten anzunehmen. Das Inkassounternehmen wurde mit der Geltendmachung der Forderung Anfang 2008 beauftragt. Auf die erste Mahnung des Inkassounternehmens schloss die Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung ab, an die sie sich zunächst auch hielt. Allein der Umstand, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen wurde, genügt ebenso wenig, wie die Tatsache, dass die Schuldnerin die Ratenzahlung für April und Mai verspätet leistete, für die Annahme, dass die Beklagte Umstände kannte, die zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hindeuteten. Die Beklagte hatte weder Kenntnis von fälligen Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin noch konnte das Gericht weitere Indizien feststellen, die für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit sprechen. Der Kläger hat weder dargelegt, dass die Schuldnerin ständig und in beträchtlichem Umfang ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten nicht ausglich noch, dass sich aus anderen Gründen wie der Art der Forderung, der Person des Schuldners oder dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebes ein ausreichendes Indiz für die Beklagte ergab, die auf die drohende Zahlungsunfähigkeit hinwies. Vielmehr handelt es sich um eine geringfügige Forderung der Beklagten, die durch die vereinbarten Raten in einem angemessenen Zeitpunkt abbezahlt worden wäre. Ein Erfahrungssatz, dahingehend, dass ein Schuldner, der eine Ratenzahlungsvereinbarung schließt, die Zahlungsunfähigkeit droht, gibt es nicht. Hierfür wären noch weitergehende andere Indizien, die auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen erforderlich. Solche lagen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO , die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11 , § 712 ZPO .

Mitgeteilt von BERND DRUMANN,BREMER-INKASSO GmbH, Bremen

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