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AG Vaihingen an der Enz, Beschluss v. 19.5.2015 – 1 M 1320/14

JurBüro 2015, 550
Thema: RVG § 31b; RVG VV Nr. 1000, 1003

(Ratenzahlungsvereinbarung/Einigungsgebühr/Gegenstandswert/Zusätzliche Sicherungsabtretung)

Wurde in einer Ratenzahlungsvereinbarung zusätzlich eine Sicherungsabtretung vereinbart, kommt § 31b RVG nicht zur Anwendung. Die Einigungsgebühr bestimmt sich dann nach dem »vollen« Wert des Anspruchs. (L.d.R.)

AG Vaihingen an der Enz, Beschluss v. 19.5.2015 – 1 M 1320/14

Aus den Gründen:

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die Gebühr für die Ratenzahlungsvereinbarung von 192,50 € gemäß § 31b RVG auf 81,00 € gekürzt. Die Vorschrift des § 31b RVG, nach welcher der Gegenstandswert für Ratenzahlungsvereinbarungen auf 20 % der Forderung zu kürzen ist, gilt jedoch nur für den Fall, dass es sich tatsächlich ausschließlich um die Ratenzahlungsvereinbarung handelt. Hier wurde zusätzlich eine Sicherungsabtretung vereinbart. Die Gebühr war daher aus dem vollen Gegenstandswert zu berechnen.

Mitgeteilt von Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH, Bremen

Anmerkung:

In dem angefochtenen Beschluss vom 27.1.2015 vertrat das Gericht noch die Auffassung, dass für die vom Schuldner nach § 788 ZPO zu tragenden Kosten der Zahlungsvereinbarung in jedem Fall § 31b RVG einschlägig sei – unabhängig davon, ob die Wertermäßigung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Verfahrensbevollmächtigtem durch die in der Zahlungsvereinbarung enthaltene Lohnabtretung gesperrt sei oder nicht. Diese zusätzliche Vereinbarung sei nämlich nicht »notwendig« i.S.v. § 788 ZPO gewesen, da die Forderung bereits tituliert gewesen sei. Dem Gläubiger stehe damit jederzeit die Möglichkeit offen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nicht nachkomme. Weiterer Absicherung bedürfe der Gläubiger nicht. Würde man der Ansicht des Gläubigers folgen, so das Amtsgericht weiter, wäre die Möglichkeit eröffnet, die Vorschrift des § 31b RVG durch eine formularmäßige Abtretung der Lohn- und Gehaltsforderungen zu umgehen.

Dieser Beschluss wurde zu Recht im Wege der Abhilfe nach §§ 572 Abs. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG aufgehoben.

In dem angegriffenen Beschluss hatte sich das Gericht nicht mit der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 24.1.2006 – VII ZB 74/05, JurBüro 2006, 327) auseinandergesetzt, welcher ausdrücklich die Kosten eines Zahlungsvergleichs, der prägend ebenfalls eine Sicherungsabtretung enthielt, als notwendig i.S.v. § 788 ZPO eingestuft hat, wenn der Vergleich sie dem Schuldner auferlegt. Der BGH hat diese Entscheidung implizit noch einmal in einem Beschluss vom 20.12.2006 (VII ZB 54/06, JurBüro 2007, 216) bestätigt, auch für die Rechtslage nach dem RVG. Zwar gab es bei beiden Entscheidungen § 31b RVG noch nicht. Jedoch ändert diese Vorschrift nichts an der klaren Linie der BGH-Entscheidungen. Insbesondere aber hatte das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass der Gläubiger durch den vorläufigen/bedingten Verzicht auf die Zwangsvollstreckung in Kauf nimmt, dass ihm aktuell noch vorhandene Zugriffsmöglichkeiten durch Handlungen des Schuldners, den Zugriff anderer Gläubiger oder die zwischenzeitliche Insolvenz (außerhalb der Anfechtungsperioden) verloren gehen; gleichsam zur Abfederung dieses Risikos ist es daher nur allzu verständlich (und wirtschaftlich geboten), dass er sich Sicherheiten ausbedingt und gewähren lässt. Eine Zahlungsvereinbarung ohne derartige Sicherheiten einzugehen, wäre daher aus Gläubigersicht leichtsinnig und stellte für den Berater (Rechtsanwalt/Inkassounternehmen) einen potenziellen Haftungsfall dar. Der Hinweis des Amtsgerichts, dass der Gläubiger der Sicherungsabtretung nicht bedürfe, da er ja bei Nichteinhaltung der Vereinbarung vollstrecken könne, geht an der wirtschaftlichen Realität in Zwangsvollstreckungsfällen vorbei, die eben regelmäßig nicht durch eine statische/beständige Vermögenslage des Schuldners gekennzeichnet sind, sondern durch eine über die Laufzeit der Vereinbarung eintretende – hoffentliche – Erholung oder eine – nicht seltene – dramatische Verschlechterung derselben. Wie der BGH in seiner ersten Entscheidung ausführt, wird die Zahlungsvereinbarung ja auch nicht in erster Linie geschlossen, um dem Gläubiger etwas Gutes zu tun, sondern sie dient zugleich (und i.d.R. in erster Linie) den Interessen des Schuldners – und sie kann sogar, je nach Einzelfall, zu einer Reduzierung der Kostenlast nach § 788 ZPO für ihn führen. Es handelt sich daher jedenfalls bei der Sicherungsabtretung nicht um eine Regelung, die den § 31b RVG umgehen oder aushebeln soll, sondern um einen integralen, wirtschaftlich gebotenen und insoweit notwendigen Bestandteil einer Ratenzahlungsvereinbarung in der Zwangsvollstreckung, der diese oft erst ermöglicht.

Ferner hatte die erste Entscheidung des Amtsgerichts übersehen, dass die Vereinbarung materiell-rechtlich einen Vergleich darstellt und dass darin der Schuldner –materiell-rechtlich zweifellos wirksam – die Kosten des Vergleichs übernommen hat. Versagt man dem Gläubiger nun die Geltendmachung der vollen Beratungskosten für den Vergleich (die sich auch nach der Ansicht des Amtsgerichts wegen der Abtretung ohne Anwendung von § 31b RVG berechnen) im Wege des § 788 ZPO, so müsste er seinen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch aus dem Vergleich gesondert titulieren lassen und vollstrecken, wodurch die Gerichte und Vollstreckungsorgane zusätzlich belastet und wodurch dem Schuldner weitere Kosten (und dem Gläubiger weitere Durchsetzungsrisiken) aufgebürdet würden. Die angegriffene Entscheidung bestand also auch den Lackmustest der Praxistauglichkeit nicht.

Zutreffend verzichtet nun der Abhilfebeschluss auf jegliche Differenzierung im Rahmen des § 788 ZPO und stellt lediglich heraus, dass wegen der zugleich vereinbarten Sicherungszession der Gegenstandswert der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG nicht nach § 31b RVG reduziert ist.

Grundsätzlich sieht § 31b RVG hinsichtlich des Anspruchs eines beauftragten Rechtsanwalts oder Inkassounternehmens für den Fall der Einigung über eine Zahlungsvereinbarung vor, dass sich der Gegenstandswert auf 20 Prozent des zugrundeliegenden Anspruchs reduziert. Allerdings setzt dies voraus, dass die Ratenzahlungsvereinbarung exklusiver Inhalt der getroffenen Einigung ist (Klees in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2014, § 31b Rn. 3). Sofern in der Vereinbarung weitere Aspekte geregelt werden, die über die Tatbestandsmerkmale einer Zahlungsvereinbarung hinausgehen, erfolgt keine Wertreduzierung: stattdessen ist auf den Ausgangswert der Forderung abzustellen.

Insbesondere ist dies der Fall, wenn Sicherungsabreden getroffen werden, etwa in Gestalt – wie hier – einer Sicherungsabtretung oder bei Vereinbarung von Sicherungseigentum (Klees in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 31b Rn. 3). Zu allem auch: Enders, JurBüro 2013, 561; Mock in: Vollstreckung effektiv 2013, 194.

Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH, Bremen

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