AG Köpenick, JurBüro 2021, 388
AG Köpenick, Beschl. v. 01.03.2021 – 30 M 343/21
Vollstreckungsauftrag / amtliches Formular / Antrag auf Erlass eines Haftbefehls
Fundstelle: JurBüro 2021, 388
Thema: ZPO § 802g
Hat der Gläubiger unter Verwendung des amtlichen Formulars einen Globalauftrag erteilt, der neben dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft auch bei Vorliegen der Voraussetzungen den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls sowie auf Weiterleitung des Haftbefehlsantrags an das Amtsgericht und auf Weiterleitung des Haftbefehls nach dessen Erlass an den Gerichtsvollzieher sowie den Antrag auf Verhaftung des Schuldners beinhaltet, bedarf es nach Erlass des Haftbefehls nicht der Wiederholung des Verhaftungsantrags. Auch wenn das Gericht den Haftbefehl an den Gläubiger übersendet und dieser den Gerichtsvollzieher um Fortsetzung des Verfahrens bittet, muss hierfür nicht das amtliche Formular genutzt werden. (L.d.R.)
Aus den Gründen:
I. Die Gläubigerin vollstreckt gegen die Schuldnerin aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Wedding vom 25.03.2020 – 20 …-0–0 – und hat mit Vollstreckungsauftrag vom 30.07.2020 unter Verwendung des amtlichen Formulars die Abnahme der Vermögensauskunft und zugleich den Erlass eines Haftbefehls nach § 802g ZPO beantragt mit dem vorgedruckten Zusatz (Modul H), dass diese Antragstellung für den Fall gelte, dass der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibe oder sich grundlos weigere, die Vermögensauskunft zu erteilen. Zugleich beantragte die Gläubigerin mittels Vordruck den Haftbefehlsantrag an das zuständige Amtsgericht weiterzuleiten und nach Erlass des Haftbefehls diesen an die zuständige Gerichtsvollzieherin weiterzuleiten und stellte gegenüber der Gerichtsvollzieherin den Antrag auf Verhaftung der Schuldnerin.
Nachdem das Amtsgericht am 05.11.2020 einen Haftbefehl erlassen hatte, wurde dieser an die Gläubigerin übermittelt. Diese übersandte den Haftbefehl und die Vollstreckungsunterlagen an die zuständige Gerichtsvollzieherin mit Schreiben vom 18.11.2020 und bat um Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens.
Die Gerichtsvollzieherin lehnte mit Schreiben vom 11.01.2021 nach Hinweis vom 24.11.2020 die Fortsetzung des Vollstreckungsauftrages ab mit der Begründung, dass die Verhaftung als eigenständiges Verfahren eines gesonderten Antrags bedürfe, weil der Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher mit dem Vordruck eingereicht werden müsse und es sich bei der angekreuzten Alternative im Modul H lediglich um eine Absichtserklärung handele, jedoch nicht um einen konkreten Antrag.
II. Die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO ist begründet. Die Gerichtsvollzieherin hat das Vollstreckungsersuchen im Bezug auf die Verhaftung der Schuldnerin weiter auszuführen.
Die Gläubigerin hat mit dem Vollstreckungsauftrag vom 30.07.2020 einen wirksamen Antrag auf Verhaftung der Schuldnerin für den Fall gestellt, dass das Amtsgericht einen Haftbefehl erlässt.
Eines erneuten Antrags bedarf es nicht (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 03.11.2020 – 51 T 377/20, mit welchem von der vorherigen Rechtsauffassung des Beschl. v. 21.06.2018 – 51 T 258/18 abgewichen wird; LG Karlsruhe, Beschl. v. 07.02.2018 – 3 T 90/17; LG Stuttgart, Beschl. v. 11.07.2017 – 2 T 217/17).
Der Wortlaut des Vordrucks »Gegenüber der Gerichtsvollzieherin/dem Gerichtsvollzieher stelle ich den Antrag auf Verhaftung des Schuldners« ist eindeutig und beinhaltet nicht lediglich eine Ankündigung des Antrags auf Verhaftung. Die Zeitform der Formulierung entspricht der Zeitform des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls, weicher auch unter der Bedingung steht, dass der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder sich weigert, die Vermögensauskunft zu erteilen. Auch die Systematik des Formulars, das unter dem Buchstaben 1 ein weiteres Modul für die Verhaftung des Schuldners enthält, spricht nicht gegen diese Auslegung. Unter dem Modul 1 ist die Überschrift »Verhaftung des Schuldners (§ 802g Abs. 2 ZPO)« aufgeführt, unter dem Modul H lediglich »Erlass des Haftbefehls nach § 802g ZPO«. Das Modul 1 bezieht sich explizit unter Bezugnahme des Abs. 2 auf die Verhaftung für den Fall, dass bereits ein Haftbefehl vorliegt. Das Modul H zitiert jedoch nicht lediglich den Abs. 1 des § 802g ZPO, sondern den ganzen Paragraphen, umfasst mithin den Antrag auf Erlass des Haftbefehls und auf Verhaftung. Auch aus dem Zweck der Varianten in Untermodul H, den Haftbefehl nach Erlass an entweder den Gläubiger oder die zuständige Gerichtsvollzieherin weiterzuleiten, spricht für die Möglichkeit, unter Modul H direkt einen Antrag auf Verhaftung stellen zu können. Der Variante, den Haftbefehl der zuständigen Gerichtsvollzieherin weiterzuleiten, fehlt es ansonsten vor dem Hintergrund des zwecks der Beschleunigung der Zwangsvollstreckung an einem erkennbaren Sinn. (vgl. LG Karlsruhe, Beschl. v. 07.02.2018 – 3 T 90/17, DGVZ 2018, 165, beck-online, Rn. 33, 34).
Mitgeteilt von M. Sterk, Ass. Jur., BREMER INKASSO GmbH