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LG Oldenburg, JurBüro 2015, 386

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LG Oldenburg, Beschluss v. 3.3.2015 – 1 S 555/14

JurBüro 2015, 386
Thema: ZPO § 836 Abs. 1; BGB § 392

(Zwangsvollstreckung/Pfändung von Forderungen/Abtretung/Keine Annahme der Abtretung durch den Dritten/Aufrechnungssperre/Gegenforderungen sind erst nach Pfändung entstanden)

1. Sind die Ansprüche des Schuldners gegen seinen Mieter wirksam gepfändet, kann der Mieter mit Gegenansprüchen, die erst nach der Pfändung entstanden sind, gegenüber dem Gläubiger nicht aufrechnen.

2. Kann nicht dargelegt werden, dass der Abtretungsempfänger die Abtretung auch angenommen hat, kann der Drittschuldner sich nicht auf die Abtretung des Schuldners zugunsten seiner Ehefrau berufen. (L.d.R.)

AG Oldenburg, Urteil v. 22.10.2014 – 4 C 4282/14 (IX)

Aus den Gründen:
Der Klägerin stehen aus einem gegen den Schuldner A. geführten Rechtsstreit vor dem AG Oldenburg (Akt. 5 C 5162/12 (XXIII)) Kostenerstattungsansprüche zzgl. Zinsen und weiterer Vollstreckungskosten zu. Eine Zahlung seitens des Schuldners an die Klägerin erfolgte nicht. Die Zwangsvollstreckung blieb erfolglos. De Schuldner gab am 5.3.2013 eine Vermögensauskunft ab, aus der hervorging, dass er monatliche Miete von dem Beklagten bekam. Am 25.3.2013 pfändete die Klägerin mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Westerstede den Auszahlungsanspruch des Schuldners hinsichtlich der Mietzinszahlungen für die Wohnung in Oldenburg. Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Beklagten erfolgte am 3.4.2013. In der Zustellungsurkunde wurde vermerkt, dass der Beklagte den Beschluss nicht anerkennt, da die Mietansprüche an Frau E abgetreten wurden. Es handelt sich dabei um 2.758,42 € für verauslagte Reparaturkosten. Am 30.4.2013 forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung auf. Am 8.5.2013 ließ der Beklagte durch seinen Anwalt mitteilen, dass er die Kaltmieten ab sofort auf einem Sonder-Sparbuch und später beim Amtsgericht hinterlegen werde. Die angekündigte Hinterlegung beim Amtsgericht erfolgte nicht. Der Beklagte rechnete auf mit Kosten für eine Heizungsreparatur (567,50 €) und dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution (1.650,00 €).

Die Klägerin meint, die Abtretung der Miete, am 13.3.2013 an Frau E durch den Schuldner, sei unwirksam wegen der fehlenden Annahmeerklärung von Frau E. Zudem sei weder die Aufrechnung mit der Heizungsrechnung noch die mit der Kaution wirksam. Die Aufrechnung sei nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgt, weshalb die Mietzinszahlung der Pfändung unterläge und nicht aufgerechnet werden könne. Etwaige Absprachen zwischen dem Schuldner und dem Beklagten seien unwirksam. (…)

Der Beklagte macht geltend, dass die Klägerin die Mietzinszahlungen nicht wirksam habe pfänden können, da er seit April 2013 nicht mehr an den Schuldner habe zahlen müssen. Die Mietforderung sei in Höhe von 2.758,42 € an Frau E wirksam abgetreten worden. Er selber habe zum einen einen Aufrechnungsanspruch aus einer von ihm für den Schuldner beglichenen Heizungsreparaturrechnung in Höhe von 567,50 € und zum anderen aus einem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.650,00 €.

Der Streitverkündete vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Klage nicht begründet sei und schließt sich dem Klagabweisungsantrag an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin ist gem. § 836 Abs. 1 ZPO zur Einziehung der Mietzahlungen des Beklagten aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses berechtigt.

Der Beklagte konnte nicht wirksam aufrechnen. Der Aufrechnung des Beklagten mit seiner Gegenforderung aus dem Kautionsrückzahlungsanspruch und/oder der Heizungsreparaturrechnung steht ein Aufrechnungsverbot im Sinne des § 392 BGB entgegen.

Mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Beklagten am 3.4.2013, trat die Beschlagnahme der Mietzinszahlung, gem. § 829 Abs. 3 ZPO ein. Durch die Beschlagnahme wurde dem Beklagten untersagt, die Forderung gegenüber dem Schuldner zu erfüllen, § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dieses Erfüllungsverbot umfasst auch die Aufrechnung als Erfüllungssurrogat (vgl. Palandt, 71. Aufl., § 392 Rn. 1).

Eine Aufrechnung gegen die gepfändete Hauptforderung seitens des Beklagten, ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt der Beschlagnahme der Forderung bereits eine Aufrechnungslage zwischen dem Schuldner A. und dem Drittschuldner, dem Beklagten, bestanden hat oder eine begründete Aussicht auf eine Aufrechnungsklage bestand (vgl. Palandt a.a.O., § 392 Rn. 1). Voraussetzung für eine zulässige Aufrechnung seitens des Beklagten ist folglich, dass er die Gegenforderung vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erworben hat und diese Gegenforderung schon bei Pfändung fällig war oder spätestens mit der – bei Pfändung noch nicht fälligen – Hauptforderung fällig ist.

Zum Zeitpunkt der Pfändung der Forderung hatte der Beklagte gegenüber seinem Vermieter noch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution und somit keine Gegenforderung. Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution ist aufschiebend bedingt (vgl. Palandt, a.a.O., Einf. v. § 535 Rn. 123, 126). Dieser Rückzahlungsanspruch wird erst dann fällig, wenn das Vertragsverhältnis endet und eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist des Vermieters abgelaufen ist (vgl. Palandt, a.a.O., Einf. v. § 535 Rn. 126). Der Mieter darf frühestens mit Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Vermieter aufrechnen (vgl. Palandt, a.a.O., Einf. v. § 535 Rn. 123). Das Mietverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Beklagten wurde Ende Januar 2014 beendet. Die Gegenforderung war folglich erst nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Beklagten fällig.

Eine Aufrechnungslage bestand somit erst nach Beendigung des Mietverhältnisses im Februar 2014. Zu diesem Zeitpunkt war der Schuldner aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses jedoch nicht mehr berechtigt über die Mietforderungen zu verfügen. Zwischen dem Beklagten und dem Schuldner konnte keine wirksame Aufrechnung vereinbart werden. Der Beklagte konnte folglich nicht wirksam mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen.

Der Beklagte kann auch nicht mit dem durch die Bezahlung der Heizungsrechnung erlangten Rückzahlungsanspruch gegen den Schuldner aufrechnen. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Aufrechnungslage zwischen dem Schuldner und dem Beklagten, stand der Aufrechnung ein Aufrechnungsverbot i.S.d. § 392 BGB entgegen. Die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Schuldner ist datiert auf den 25.9.2013. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung bereits von dem Kläger wirksam gepfändet worden. Es bestand auch durch die Bezahlung der Heizungsrechnung keine fällige Gegenforderung mit der der Beklagte gegen die Hauptforderung aufrechnen konnte.

Es bestand insgesamt ein Mietzinsanspruch für die Zeit von Mai 2012 bis Januar 2014 (9 × 450,00 € = 4.050,00 €). Davon abzusetzen sind die abgetretenen 2.758,42 € wegen der Türrechnung, wobei es letztlich auf die Wirksamkeit der Abtretung gar nicht ankommt, weil der Restbetrag schon die Klageforderung übersteigt.

Da der Kläger insgesamt nur 989,78 € gepfändete Beträge geltend macht, ist die Klage in vollem Umfang begründet bis auf die Zinsforderung. Die Zinsen sind bereits im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss berechnet und in Ansatz gebracht.

LG Oldenburg, Beschluss v. 3.3.2015 – 1 S 555/14

Aus den Gründen:
Die Kammer beabsichtigt die Zurückweisung der Berufung, weil sie nach ihrer Auffassung in der Sache offensichtlich keinen Erfolg sowie als Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Ebenso wenig ist eine mündliche Verhandlung geboten.

Der Berufung mangelt es offensichtlich an Erfolgsaussicht, weil das Amtsgericht der Klage in dem zuerkannten Umfang zu Recht stattgegeben hat. Die Klägerin ist zur Einziehung der Mietzahlungen des Beklagten berechtigt. Weiterhin kann der Beklagte wegen eines bestehenden Aufrechnungsverbots gem. § 392 BGB nicht wirksam aufrechnen.

Soweit der Beklagte meint, dass aufgrund einer am 13.3.2014 erfolgten Abtretung der Forderungen aus dem Mietverhältnis an seine Ehefrau, Frau E, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25. 3. 2013 diese gar nicht mehr erfasst habe, kann dem nicht gefolgt werden. So ist zum einen festzustellen, dass der Beklagte auf das Bestreiten der Klägerin nichts dazu vorgetragen hat, dass Frau E die Abtretungserklärung auch angenommen hat. Auch im Rahmen der Berufungserwiderung ist insoweit kein Vortrag ersichtlich. Weiterhin ist festzustellen, dass erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die insoweit durch die Klägerin am 27.6.2013 erklärte Anfechtung dieser Abtretung gem. §§ 2, 3, 4 11 Abs. 1 AnfG wirksam ist. Der Beklagte hatte am 5.3.2013 eine Vermögensauskunft abgegeben und sodann am 13.3.2013 seiner Ehefrau als Sicherheit die Mietansprüche abgetreten. In diesem Zeitpunkt dürften sowohl der Beklagte als auch seine Ehefrau von der desolaten Lage des Beklagten und dem Umstand, dass durch die Abtretung andere Gläubiger benachteiligt werden, Kenntnis gehabt haben. Gleiches gilt für die vorsätzliche Benachteiligung durch die Handelnden. Schließlich ist, worauf auch die Klägerin hingewiesen hat, selbst bei einer wirksamen Abtretung an Frau E. die Klage immer noch begründet, da insoweit nur 989,78 € geltend gemacht werden und ein solcher Betrag auch bei Abzug der angeblich abgetretenen Mieten und der Heizungsreparatur verbleiben würde. Auf die unbestritten gebliebene Berechnung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 9.9.2014 wird Bezug genommen.

Weiterhin zutreffend geht die angegriffene Entscheidung davon aus, dass die Aufrechnungslage mit der Kaution erst nach Beendigung des Mietverhältnisses im Februar 2014 entstanden ist. Daher hatte der Beklagte im Zeitpunkt der Pfändung der Forderung gegenüber seinem Vermieter noch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution und somit kerne Gegenforderung, mit der er hätte aufrechnen können.

Insoweit verfängt die Argumentation des Beklagten mit einer Vergleichbarkeit des vorliegenden Falls mit Ansprüchen aus einem Dauerschuldverhältnis nicht. Bei dem Rückzahlungsanspruch bezüglich einer hinterlegten Kaution handelt es sich gerade nicht um einen Betrag, der im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses geschuldet wird, sondern um einen einmalig bestehenden, aufschiebend bedingten Anspruch. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird Bezug genommen. Ein Mieter ist grundsätzlich nicht daran gehindert, mit einem solchen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufzurechnen. Soweit er aber, wie hier, im Zeitpunkt der Entstehung der Aufrechnungslage aufgrund des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr berechtigt ist, über die Mietforderungen zu verfügen, kann auch eine Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch nicht mehr erfolgen.

Mitgeteilt von Bianca De Vries, Mitarbeiterin der BREMER-INKASSO GmbH, Bremen

Anmerkung:
Das LG Oldenburg hat mit Beschluss vom 25.3.2015 – 1 S 555/14 – die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung bezieht sich das LG Oldenburg auf die Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss v. 3.3.2015, dessen Gründen vorstehend abgedruckt sind.

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