AG Lüneburg, JurBüro 2020, 555
AG Lüneburg, Beschl. v. 24.06.2020 – 24 M 538/11
Lohnpfändung / Nichtberücksichtigung des Kindes, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes vollständig durch das Einkommen der Ehefrau des Schuldners gedeckt ist
Fundstelle: JurBüro 2020, 555
Thema: ZPO §§ 850c Abs. 4
Bezieht die Ehefrau des Schuldners ein deutlich höheres Einkommen als der Schuldner selbst und kann der Unterhaltsanspruch des Kindes vollständig durch das Einkommen der Ehefrau gedeckt werden, ist das Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners nicht zu berücksichtigen. (L.d.R.)
AG Lüneburg, Beschl. v. 24.06.2020 – 24 M 538/11
Aus den Gründen:
Aufgrund des vorgenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist das Arbeitseinkommen des Schuldners bei dem oben genannten Drittschuldner gepfändet worden.
Mit Antrag vom 30.03.2020 beantragt die Gläubigerin, dass keine unterhaltsberechtigten Personen mehr zu berücksichtigen seien. Dabei bezieht sich der Gläubiger auf die Vermögensauskunft des Schuldners vom 04.03.2020. Hiernach bezieht dieser ein Nettoeinkommen i.H.v. 1.737,41 €. Nach gleicher Vermögensauskunft bezieht die Ehefrau des Schuldners ein Nettogehalt i.H.v. 2.300,00 €.
Unterhaltsberechtigte Personen des Schuldners sind die beiden Töchter S und J, wobei J ein eigenes Einkommen i.H.v. 350,00 € bis 400,00 € bezieht.
Der Kindesunterhalt kann vollständig aus dem Einkommen der Ehefrau gedeckt werden, ohne das ihr eigener Unterhalt gefährdet wäre.
Damit sind bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Einkommens des Schuldners keine unterhaltsberechtigten Personen zu berücksichtigen.
Der Schuldner wurde mit Schreiben vom 07.05.2020 schriftlich angehört. Eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.
Eingereicht von Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen
Anmerkung:
Nach § 850c Abs. 4 ZPO können Unterhaltsberechtigte auf Antrag des Gläubigers bei der Bestimmung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben, wenn sie über eigene Einkünfte verfügen. Die Entscheidung darüber trifft das Vollstreckungsgericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Als Anhaltspunkt kann die Zwickauer Formel dienen (vgl. AG Oranienburg, JurBüro 2015, 270; Behr, JurBüro 1994, 708); ihr zufolge gebühren dem die Einkünfte Erzielenden vier Anteile, dem Ehegatten zwei Anteile und jedem unterhaltsberechtigten Kind ein Anteil der Einkünfte.
Für den vorliegenden Fall bot sich daher folgende, dem erfolgreichen Gläubigerantrag zugrunde liegende Berechnung an, ausgehend davon, dass der Schuldner Nettoeinkünfte von 1.737,41 €, seine Ehefrau Nettoeinkünfte von 2.300,00 € und eines der beiden unterhaltsberechtigten Kinder Nettoeinkünfte von 400,00 € hatte:
1. Von den Einkünften des Schuldners gebühren ihm vier Achtel, also die Hälfte, mithin 868,70 €, seiner Ehefrau zwei Achtel, also ein Viertel, mithin 434,35 €, und jedem Kind ein Achtel, mithin 217,18 €. Von den Einkünften der Ehefrau gebührt ihr die Hälfte, 1.150,00 €, dem Schuldner ein Viertel, 575,00 €, und jedem Kind ein Achtel, 287,50 €.
2. Jedes Kind hat mithin einen Gesamtunterhaltsbedarf von 217, 18 € plus 287,50 €, also 504,68 €. Die Tochter J. muss sich darauf ihre Einkünfte von 400,00 € anrechnen lassen, so dass hier noch 104,68 € verbleiben. Der Gesamtunterhaltsbedarf der Kinder beträgt also 609,36 €.
3. Die Einkünfte der Ehefrau i.H.v. 2.300,00 € reichen aus, um ihren Anteil daran (1.150,00 €), den Anteil, der ihr von den Einkünften des Schuldners gebührt (434,50 €), und den gesamten Unterhaltsbedarf der Kinder i.H.v. 609,36 € vollständig abzudecken.
Damit entsprach es hier billigem Ermessen, wie das AG Lüneburg zu Recht entschieden hat, die Ehefrau und beide Kinder bei der Bestimmung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners vollständig unberücksichtigt zu lassen.
Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen