AG Emden, JurBüro 2020, 326
AG Emden, Beschl. v. 15.01.2020 – 2 M 493/19
Lohnpfändung / Nichtberücksichtigung des Kindes, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes vollständig durch das Einkommen der Ehefrau des Schuldners gedeckt ist / Zwickauer Formel
Fundstelle: JurBüro 2020, 326
Thema: ZPO § 850c Abs. 4
Bezieht die Ehefrau des Schuldners ein deutlich höheres Einkommen als der Schuldner selbst und kann der Unterhaltsanspruch des Kindes vollständig durch das Einkommen der Ehefrau gedeckt werden, ist das Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners nicht zu berücksichtigen. (L.d.R.)
Aus den Gründen:
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 09.07.2019 wird auf Antrag des Gläubigers unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen im Übrigen dahingehend geändert, dass die unterhaltsberechtigte Ehefrau wegen des vorhandenen eigenen Einkommens gem. § 850c Abs. 4 ZPO als unterhaltsberechtigte Person unberücksichtigt bleibt. Die unterhaltsberechtigten Kinder des Vollstreckungsschuldners (A und D) werden wegen der Höhe des Einkommens der Kindesmutter als unterhaltsberechtigte Person ebenfalls unberücksichtigt belassen.
Aufgrund des vorgenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist das Arbeitseinkommen des Schuldners bei dem oben genannten Drittschuldner gepfändet worden.
Da die Ehefrau des Schuldners über eigenes Einkommen verfügt, hat die Gläubiger-Vertreterin einen Antrag auf Nichtberücksichtigung gem. § 850c Abs. 4 ZPO gestellt.
Der Schuldner ist zu dem Antrag angehört worden.
Der Schuldner ist es schuldig geblieben Belege über das Einkommen der Ehefrau vorzulegen, sodass den nachvollziehbaren Angaben im Antrag vom 03.09.2019 gefolgt wurde.
Eingereicht von Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen
Anmerkung:
Zur Erläuterung hat uns der Gläubigervertreter für unsere Leser den der Entscheidung zugrunde liegenden Antrag zur Verfügung gestellt:
“… wird beantragt,
Die unterhaltsberechtigte Ehefrau des Vollstreckungsschuldners wird wegen eigenem Einkommen fortan nach § 850c Abs. 4 ZPO als unterhaltsberechtigte Person unberücksichtigt belassen. Die unterhaltsberechtigten Kinder A. (7 J.) und D. (15 J.) des Vollstreckungsschuldners werden wegen der Höhe des Einkommens der Kindesmutter nach § 850c Abs. 4 ZPO als unterhaltsberechtigte Person ebenfalls vollständig unberücksichtigt belassen.
Begründung:
Gemäß der eidesstattlichen Versicherung des Vollstreckungsschuldners (Vermögensauskunft vom 27.02.2018, Abschrift auszugsweise beiliegend) verfügt seine Ehefrau über eigenes Einkommen i.H.v. 3.000,00 €.
Gemäß der Lohn- und Gehaltsabrechnung des Vollstreckungsschuldners für Juli 2019 (Abschrift beiliegend) bezieht dieser in Lohnsteuerklasse VI ein Entgelt i.H.v. 1.214,80 €.
Nach der Berechnung der Zwickauer Formel (s. Behr, JurBüro 1994, 708; AG Oranienburg, JurBüro 2015, 270, regulär Erwerbstätiger 4 Kopfanteile + Ehepartner 2 Kopfanteile + Kinder je 1 Kopfanteil = i.d.F. insgesamt 8 Kopfanteile) haben die Kinder gegen den Vollstreckungsschuldner jeweils 151,00 € (1214/8) und gegen die Kindesmutter/Ehegattin jeweils 375,00 € (3000/8) Unterhaltsanspruch. Am Gesamteinkommen haben die Kinder gegenüber ihren Eltern jeweils einen Unterhaltsanspruch i.H.v. 526,00 €. Dieser Anspruch kann vollständig aus dem Einkommen der Ehefrau gedeckt werden – ohne dass ihr eigener Unterhalt gefährdet wäre. Hiernach sind die Kinder beide als unterhaltsberechtigte Personen unberücksichtigt zu belassen.
Die Ehefrau selbst hätte gegen den Vollstreckungsschuldner einen Unterhaltsanspruch i.H.v. 303,50 € (1214/8 × 2), welcher vollständig durch ihr eigenes Einkommen gedeckt ist. Somit bleibt auch sie bei der Berechnung des pfändbaren Betrags als unterhaltsberechtigte Person vollständig unberücksichtigt.
Zur Höhe des Einkommens seiner Ehefrau mag der Schuldner angehört werden. Sollte der Schuldner schweigen oder geringeres Einkommen nicht glaubhaft machen können, so kann auch dann antragsgemäß entschieden werden (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn. 1067; LG Münster, JurBüro 1990, 1363; AG Frankfurt, JurBüro 1998, 492).”
Sven Drumann, Bremer Inkasso GmbH