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AG Bocholt, 02.02.2018, 7 M 1411-16

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Amtsgericht Bocholt, Beschl. vom 02.02.2018, 7 M 1411-16

In der Zwangsvollstreckungssache

XXXXXXXXXXXX als Gläubiger, vertr. d. d. BREMER INKASSO GmbH

gegen

XXXXXXXXXXXX als Schuldner,

XXXXXXXXXXXX als Drittschuldner,

wird auf den Antrag des Gläubigers vom 20.11.2017 angeordnet, dass der Ehemann der Schuldnerin bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nur teilweise zu berücksichtigen ist.

Dabei ist wie folgt vorzugehen:

20 % des zwischen der für alle Unterhaltsberechtigten der Schuldnerin geltenden und der vorhergehenden Tabellenstufe zu errechnenden Differenzbetrags aus der Tabelle zu § 850c ZPO sind dem unpfändbaren Betrag nach der geltenden Tabellenstufe ohne Berücksichtigung des Angehörigen mit eigenem Einkommen hinzuzurechnen.

Der weitergehende Antrag des Gläubigers wird zurückgewiesen.

Der Beschluss hat Wirkung am Rechtskraft.

Gründe:

Der Gläubiger beantragt, dass der Ehemann der Schuldnerin bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens keine bzw. nur teilweise Berücksichtigung findet, da der Ehegatte über eigenes Einkommen verfügt.
Die Schuldnerin wurde zu dem Antrag gehört. Sie hat sich nicht geäußert.

Der gemäß §, 850c Abs. 4 ZPO zulässige Antrag ist begründet. Ein Angehöriger der Schuldnerin kann unter Ausübung des gesetzlich vorgeschriebenen Ermessens bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen werden, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere bei Abwägung der Interessen von Gläubiger und Schuldner die Unberücksichtigtlassung der Billigkeit entspricht. Hierzu hat der BGH in seiner Entscheidung vom 21.12.2004 — IX a ZB 142/04 — die schematisierende Betrachtungsweise grundsätzlich nicht gestattet. Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung hat das Vollstreckungsgericht vielmehr zu erwägen, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten, die ihm für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, dergestalt zu berücksichtigen sind, dass dem Schuldner für den damit bereits gedeckten Bedarf des Unterhaltsberechtigten ein pfändbarer Einkommensbetrag nicht verbleiben muss.

An die Überprüfung dürfen zwar keine überspannten Anforderungen gestellt werden, um das Vollstreckungsverfahren nicht unpraktikabel zu machen. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass Einkünfte des Angehörigen auch nicht mittelbar zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Schuldners dienen sollen. Andererseits muss ein von dem Schuldner abhängiger Unterhaltsberechtigter gewisse Abstriche von seiner Lebensführung hinnehmen, wenn der Unterhaltsverpflichtete Schulden zu tilgen hat.

Das Gericht hat zu berücksichtigen, dass der Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO regelmäßig auch dazu dient, zu einem erheblichen Teil die Wohnungsmiete und andere Grundkosten des Haushalts abzudecken. Diese Kosten erhöhen sich bei mehreren Personen nicht proportional zur Personenzahl.

Lebt der Unterhaltsberechtigte mit dem Schuldner in einem Haushalt, ist es daher nicht gerechtfertigt, dass sich das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO einseitig am Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 Satz1 ZPO ausrichtet. In derartigen Fällen kommt es vielmehr in Betracht, bei der Berechnung des Freibetrages des Unterhaltsberechtigten die nach den sozialrechtlichen Regelungen die Existenzsicherung gewährleistenden Sätze heranzuziehen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Regelungen über die Pfändungsfreigrenzen des Schuldners und seinen Unterhaltsberechtigten nicht nur das Existenzminimum sichern wollen, sondern eine deutlich darüber liegende Teilhabe am Arbeitseinkommen erhalten bleiben muss. Bei einer Orientierung an den sozialrechtlichen Regelungen wird daher im Rahmen der Ermessensausübung ein Zuschlag in Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen sein. Regelmäßig wird es nicht zu beanstanden sein, wenn das Vollstreckungsgericht diesen Zuschlag in einer Größenordnung von 30-50 % annimmt (vgl. BGH, Beschl, v. 05.04.2005, VII ZB 28/05).

Das Einkommen des Unterhaltsberechtigten, der (teilweise) unberücksichtigt bleiben soll, resultierend aus Arbeitseinkommen beläuft sich nach Angaben des Gläubigers auf 450,00 EUR. Der Schuldner wurde zu dem Antrag angehört und hat sich im Rahmen der Anhörung nicht geäußert, so dass davon ausgegangen wird, dass der Ehegatte des Schuldners tatsächlich über Einkommen in entsprechender Höhe verfügt. Demgegenüber beläuft sich sein sozialrechtlicher Bedarf auf 561,00 EUR, der Bedarf berechnet sich wie folgt:
Sozialrechtlicher Bedarf des Ehegatten 374 €.

Dem sozialrechtlichen Bedarf ist laut aktueller BGH – Rechtsprechung ein Zuschlag hinzuzurechnen, der vorliegend mit 50 % in Höhe von 187 € für angemessen erachtet wird. Der Gesamtbedarf beträgt daher 561,00 EUR.

Die eigenen Einkünfte des Angehörigen sind ins Verhältnis zu setzen mit dem oben genannten Betrag, der zum vollständigen Wegfall des Angehörigen führen würde.
Dieses ergibt hier ein Verhältnis von 450,00 EUR : 561,00 EUR = 80,21 . Somit ist durch das Einkommen des Ehemannes dessen Bedarf zu 80° gedeckt.

Der Differenzbetrag aus der für alle Unterhaltsberechtigten geltenden und der vorhergehenden Tabellenstufe ist deshalb mit 80 % zusätzlich pfändbar. Daher war wie erkannt zu entscheiden.

Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrunq:

Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde (§§ 793 ZPO, § 11 Abs 1 RPfIG, 567 Abs. 1, 2 ZPO) zulässig.

Die Rechtsbehelfe sind binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Bocholt (Benölkenplatz 2, 46399 Bocholt), dessen Beschluss angefochten wird oder bei dem Landgericht Münster (Am Stadtgraben 10, 48143 Münster) als Beschwerdegericht einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels/Rechtsbehelfes ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich, die über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach erreichbar ist. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite vvvvw.justiz.nrw.de.

Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

Bocholt, 02.02.2018
Amtsgericht

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