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BGH, 02.12.2015, VII ZB 36/13

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.12.2015, VII ZB 36/13

Quelle: BGH, 02.12.2015, VII ZB 36/13

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landesgerichts Konstanz vom 8. August 2013 aufgehoben.
  2. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgerichts – Villingen-Schwenningen vom 4. Juni 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Villingen-Schwenningen zurückverwiesen.
  3. Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Villingen-Schwenningen darf den Erlass des von der Gläubigerin beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2012 hat sie beim Vollstreckungsgericht beantragt, gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Forderung in Höhe von 5.403,90 € zu erlassen. Wegen dieses Anspruches soll die angebliche Forderung des Schuldners gegen die in Baden-Württemberg ansässige “Sparkasse Schwarzwald-Baar, Gerberstraße 45, 78050 Villingen-Schwenningen” gepfändet werden.

Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 hat das Vollstreckungsgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bezeichnung der Drittschuldnerin reiche nicht aus. Erforderlich sei die Angabe eines gesetzlichen Vertreters bzw. eines Vertretungsorgans.

Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Drittschuldnerin nicht hinreichend bestimmt sei. Die Gläubigerin habe weder dargetan, in welcher Rechtsform die Drittschuldnerin auftrete, noch wie die Drittschuldnerin vertreten werde. Das sei aber erforderlich. Wer als Drittschuldner gemeint sei, müsse im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss immer ausreichend und zuverlässig erkennbar sein. Dies sei vorliegend nicht gegeben, da es an einer Angabe der Organstellung fehle. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei einer Aktiengesellschaft das zur Vertretung berechtigte Organ bzw. der gesetzliche Vertreter nicht aufgeführt werden müsse. Denn bei einer Zustellung im Geschäftslokal kämen als Zustellungsempfänger nur die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft in Betracht. Diese Erwägung könne auf eine Sparkasse aber nicht übertragen werden. In dem Antrag sei bereits nicht ausgeführt, in welcher Rechtsform die Sparkasse handele.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Auffassungen des Beschwerdegerichts, der Pfändungsantrag enthalte keine hinreichende Bezeichnung des Drittschuldners und eine Zustellung des Pfändungsbeschlusses könne an die Drittschuldnerin nicht erfolgen, sind von Rechtsirrtümern beeinflusst.

a) Für die Wirksamkeit des Pfändungsbeschlusses ist die eindeutige Bezeichnung des Drittschuldners notwendig, um für die am Vollstreckungsverfahren Beteiligten und den Rechtsverkehr klarzustellen, welches Recht Gegenstand der Pfändung ist. Es muss deshalb aus dem Pfändungsbeschluss zweifelsfrei ersichtlich sein, gegen wen dem Schuldner die gepfändete Forderung zusteht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 – VII ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425 Rn. 8; Urteil vom 9. Juli 1987 – IX ZR 165/86, WM 1987, 1311, 1312, juris Rn. 16; Jurgeleit, Die Haftung des Drittschuldners, 2. Aufl., Rn. 20). Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Gläubigerin, der die Drittschuldnerin als “Sparkasse Schwarzwald-Baar” bezeichnet.

aa) Soweit das Beschwerdegericht meint, diese Bezeichnung sei unzureichend, weil die Rechtsform der “Sparkasse Schwarzwald-Baar” nicht mitgeteilt werde, ist das unzutreffend. Nach dem Sparkassengesetz (SpG) für Baden-Württemberg in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 2005 (GBl. 2005, S. 587) sind Sparkassen in Baden-Württemberg rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 1 SpG/BW). Es ergibt sich damit aus dem Gesetz, dass die Drittschuldnerin als Sparkasse Trägerin von Rechten und Pflichten ist. Die Bezeichnung “Sparkasse” ist deshalb in Baden-Württemberg die Bezeichnung für eine Rechtsform, ohne dass es eines Zusatzes bedürfte.

bb) Ebenso wenig ist es für die hinreichende Bezeichnung der Drittschuldnerin erforderlich, die zur Vertretung berechtigten Personen anzugeben, da diese für die Identität einer (juristischen) Person unerheblich sind.

b) Die Angabe des zur Vertretung berechtigten Organs der Drittschuldnerin und die Bezeichnung der zur Vertretung berechtigten Mitglieder des Organs sind auch nicht erforderlich, um mit der vom Gläubiger zu veranlassenden Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Drittschuldnerin die Pfändung zu bewirken (§ 829 Abs. 2 Satz 1, § 829 Abs. 3 ZPO).

Nach §§ 191, 182 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Zustellungsurkunde die Bezeichnung der Person enthalten, an die zugestellt werden soll. Bei einer juristischen Person wie der Drittschuldnerin ist das ihr gesetzlicher Vertreter. Das ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1, 2 SpG/BW der Vorstand für die Geschäfte der Sparkasse. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es aber, wenn bei einer Zustellung an den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person in deren Geschäftslokal ausschließlich die Gesellschaft in der Zustellungsurkunde bezeichnet wird. Es bedarf weder einer Bezeichnung des zur Vertretung berechtigten Organs noch der Mitglieder des Organs (BGH, Urteile vom 4. Februar 1997 – VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 352, juris Rn. 25, für juristische Personen des öffentlichen Rechts; vom 22. Mai 1989 – II ZR 206/88, BGHZ 107, 297, 299, juris Rn. 6, für eine Aktiengesellschaft; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 182 Rn. 5).

3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Der Senat entscheidet über die sofortige Beschwerde der Gläubigerin selbst, indem er den angefochtenen Beschluss des Vollstreckungsgerichts wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis aufhebt und die Sache an das Vollstreckungsgericht zurückverweist, § 572 Abs. 3 ZPO.

Eick Halfmeier Jurgeleit Graßnack Wimmer

Vorinstanzen:

AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 04.06.2012, 25 M 2685/12
LG Konstanz, Entscheidung vom 08.08.2013, 62 T 65/12 A

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