AG Dortmund, JurBüro 2020, 216
AG Dortmund, Beschl. v. 07.01.2020 – 245 M 1377/19
Drittauskunft Bundeszentralamt für Steuern / Verfügungsberechtigung über Konten Dritter / Schwärzen von Angaben durch den Gerichtsvollzieher
Fundstelle: JurBüro 2020, 216
Thema: ZPO § 802l
Der Gerichtsvollzieher ist nicht berechtigt die Angaben in der Drittauskunft des Bundeszentralamtes für Steuern zu Konten Dritter, über die der Schuldner verfügungsberechtigt ist, bei der Übersendung der Drittauskunft an den Gläubiger zu schwärzen. (L.d.R.)
Aus den Gründen:
Die nach § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist auch in der Sache begründet.
Der beteiligte Gerichtsvollzieher war nicht berechtigt die Angaben in der eingeholten Drittauskunft zu Konten Dritter, über die der Schuldner verfügungsberechtigt ist, bei Übersendung der Drittauskunft an die Gläubiger in zu schwärzen.
Es entspricht der herrschenden Rechtsauffassung, dass ein Gläubiger bei Übersendung der Drittauskunft auch Anspruch darauf hat, zu erfahren, ob der Schuldner eine Verfügungsbefugnis über Konten Dritter hat (LG Ravensburg, DGVZ 2013, 214; AG Oldenburg, JurBüro 2017, 261; AG Wiesbaden, DGVZ 2018, 217; AG Hamburg-Sankt Georg, JurBüro 2016, 43).
Zwar können diese Konten Dritter nicht selbst Gegenstand einer Pfändung der Gläubigerin sein. Pfändbar ist allerdings ein Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Dritten nach § 667 BGB auf Herausgabe der auf dem Konto des Dritten zugunsten des Schuldners eingegangenen Gutschriften. Drittschuldner ist in diesem Falle der Kontoinhaber, nicht die Bank. Der Gläubiger hat aufgrund der entsprechenden Informationen die Möglichkeiten zu ermitteln, ob pfändbare Einkünfte vorhanden sind, auf die zugegriffen werden kann. Diese Möglichkeit darf einem Gläubiger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes genommen werden. Nach § 802l ZPO hat der Gerichtsvollzieher entsprechende Einkünfte einzuholen und mitzuteilen. Nur Daten, die zur Zwangsvollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher zu sperren oder zu löschen. Da auch bei Fremdkonten mit Verfügungsbefugnis zugunsten eines Schuldners ein berechtigtes Pfändungsinteresse im Bereich der Zwangsvollstreckung zugunsten eines Gläubigers besteht (Pfändung des Anspruchs nach § 667 BGB), sind entsprechende Daten in einer Drittauskunft zum Zwecke der Zwangsvollstreckung im Sinne des Gesetzes erforderlich und daher ungeschwärzt mitzuteilen. Hintergrund ist, dass nicht selten Schuldner zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht eigene Konten benutzen, sondern Konten von ihnen nahestehenden Personen, wobei sich der Schuldner die notwendige Verfügungsbefugnis einräumen lässt. Solche Konstruktionen, die eine Zwangsvollstreckung verhindern sollen, finden in den gesetzlichen Regelungen keinen Schutz. Die Vorschrift des § 8021 ZPO stellt vom Grundsatz her darauf ab, ob entsprechende Daten zur Zwangsvollstreckung erforderlich sind. Ist eine Erforderlichkeit zu bejahen, so haben die Interessen des Datenschutzes zurückzutreten. Der insoweit indirekt betroffene, das Konto innehabende, Dritte ist auch nicht schutzwürdig, da er damit rechnen muss, dass Gläubiger des Schuldners, dem er die Verfügungsbefugnis über ein fremdes Konto erteilt hat, von ihrem Recht Gebrauch machen möglicherweise bestehende Auszahlungsansprüche des Schuldners gegen den Dritten sich pfänden und überweisen zu lassen.
Der beteiligte Gerichtsvollzieher war daher anzuweisen, dem Antrag auf Übersendung der Drittauskunft insoweit nachzukommen, als dort die Angaben zu Konten Dritter, zu denen der Schuldner eine Verfügungsbefugnis besitzt, nicht zu schwärzen sind.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Eingereicht von Sven Drumann, Prokurist der Bremer Inkasso GmbH, Bremen