Neue Pfändungsfreigrenzen ab 1. Juli 2013

Bremer Inkasso: Gläubiger erhalten bei einer Lohnpfändung künftig noch weniger.

27.06.2013 - 11:40

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Die neuen Pfändungsfreigrenzen ab 1. Juli 2013 sollen dem sozialen Schuldnerschutz dienen. Wie sieht es aber mit dem Schutz der Gläubiger aus?

Ab 1. Juli 2013 steigt der pfändungsfreie Grundbetrag für den Schuldner von 1.028,89 EUR in den beiden Vorjahren auf 1.045,04 EUR.

In der Bekanntmachung zu § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO), – der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2013 – vom 26. März 2013 des Bundesjustizministeriums werden die neuen unpfändbaren Beträge für Arbeitseinkommen festgelegt. Aus einer zugleich bekanntgemachten Tabelle lässt sich ersehen, auf welchen konkreten Betrag abhängig vom Einkommen und Anzahl unterhaltsberechtigter Personen des Schuldners bei einer Lohnpfändung zugegriffen werden kann. Grundsätzlich werden die Beträge automatisch alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli angepasst und zwar entsprechend der prozentualen Entwicklung des einkommensteuerlichen Grundfreibetrages. Blieb dieser aber in den beiden vorigen Kalenderjahren konstant, ändern sich auch die Pfändungsfreigrenzen nicht (so etwa 2007 und 2009).

Die Pfändungstabelle bietet einen ersten Überblick darüber, wie viel einem Schuldner bei einer Lohnpfändung von seinem Einkommen bleibt. Anders herum kann der Gläubiger ersehen, wie viel bzw. wenig beim Schuldner nach Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenze zu holen ist.

„Ein Blick in die Tabelle treibt da so manchem Gläubiger die Tränen in die Augen“, weiß Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, aus Erfahrung zu berichten. „Mit der Steigerung des Pfändungsfreibetrages ab Juli muss der Gläubiger in Zukunft noch länger auf die Befriedigung seiner Forderungen warten. Oder er bekommt nun gar nichts mehr aus der Pfändung ausgezahlt. Lag der pfändbare Nettolohn eines Schuldners ohne unterhaltsberechtigte Person bei 1.430,- EUR, so erhielt der Gläubiger bislang monatlich 280,78 EUR. Ab 01.Juli.2013 erhält er dann nur noch 269,47 EUR und damit 11,31 EUR monatlich oder 135,72 EUR jährlich weniger.“

Der so genannte bereinigte Nettolohn gilt als Ausgangswert der Pfändungstabelle. Er muss mit dem steuerlichen Nettolohn nicht zwingend identisch sein. So ist gesetzlich sowohl geregelt, was dem Arbeitseinkommen hinzugerechnet wird, als auch, was in Abzug davon zu bringen ist. Was die Pfändungsfreigrenze besonders beeinflusst ist die Anzahl der Personen, denen der Schuldner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, wenn er dieser Pflicht auch tatsächlich nachkommt. Für einen verheirateten Schuldner lag die Freigrenze z. B. bisher bei 1.416,11 EUR. Sie steigt jetzt auf 1.438,34 EUR.

„Sicher ist es richtig und ein Merkmal unseres Sozialstaates, dass Schuldnern ein Teil ihres Einkommens gelassen wird, damit sie den notwendigen Lebensunterhalt bestreiten können. Man sollte aber mit bedenken, dass die Pfändung nicht am Anfang sondern erst am Ende einer oft langen Kette von Maßnahmen steht, mit denen ein Gläubiger versucht, seine berechtigten Forderungen durchzusetzen“, erklärt Bernd Drumann und gibt weiter zu bedenken „diese Maßnahmen haben ihn oft nicht unerheblich Nerven, Zeit, Geld und Personaleinsatz gekostet.“

„Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestattet sein, ob nicht neben dem sozialen Schuldnerschutz auch der Gläubigerschutz die Aufmerksamkeit des Gesetzgebers verdient. Wir erleben es schließlich immer häufiger, dass Unternehmer selbst in Not geraten, weil die Kunden die erhaltene Lieferung/Leistung nicht bezahlen.“ Laut Frühjahrsumfrage 2013 des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. (BDIU) ist der Hauptgrund für offene Rechnungen Überschuldung. Überschuldung bedeutet, dass die monatlich anfallenden Lebenshaltungskosten sowie eventuell bestehende Verbindlichkeiten mit den regelmäßig zur Verfügung stehenden Mitteln über einen Zeitraum oder auf Dauer nicht mehr zu begleichen sind. Auch immer mehr junge Menschen sind schon überschuldet. Verlockende Ratenkäufe, Handyverträge, Prestigeobjekte führen nicht selten in die Schuldenfalle.

„Aber anstatt verstärkt über finanzielle Zusammenhänge aufzuklären“, sagt Drumann, „sowie Schulfächer wie z.B. ‚Richtiger Umgang mit Geld‘ einzuführen, wird von Seiten der Politik über die Halbierung der Wohlverhaltensperiode nachgedacht, wird aus ‚Eidesstattlicher Versicherung‘ die wohlklingende ‚Vermögensauskunft‘, ist die EU-Richtlinie zur ‚Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr‘ immer noch nicht umgesetzt, gibt es hanebüchene Auslegungen seitens der Rechtsprechung bei der Vorsatzanfechtung und so weiter – die automatische Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen, die der Entwicklung von Löhnen und Verbraucherpreisen Rechnung tragen soll, ist da noch fast das kleinste Übel. Es ist m. E. an der Zeit, nicht weiter den ‚Werteverfall‘ und die ‚Zahlungs(un)moral‘ in unserem Land zu beklagen, sondern aktiv dagegen etwas zu tun. Den Gläubigern rechtmäßiger Forderungen endlich den Rücken zu stärken, wäre da ein Anfang!“, so Bernd Drumann abschließend.

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