….und es stellt sich mir die Frage, führen die Stufen auf- oder abwärts?
Bei den Inhalten der 2. Stufe der Insolvenzrechtsreform – die 1. Stufe trat im März 2012 in Kraft – geht es unter anderem darum, dass einem Schuldner vorzeitig eine Befreiung von dem Rest seiner Schulden erteilt werden kann, wenn im Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren eine Mindestbefriedigungsquote erreicht wird. Das bedeutet: Eine Erteilung der Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren, bisher waren es sechs. Dafür muss der Schuldner in diesen drei Jahre die Verfahrenskosten bezahlen und mindestens 35% der Insolvenzforderungen (seiner Schulden). Nach fünf Jahren kann er seine Schulden los sein, wenn er zwar nicht die 35% erbringen konnte, aber wenigstens die Verfahrenskosten. Sofort ist auch möglich, dafür darf entweder kein Gläubiger eine Forderung angemeldet haben, oder alle angemeldeten Forderungen wurden beglichen (sowie die Verfahrenskosten und sonstige Masseverbindlichkeiten natürlich).
Dass mit der Insolvenzordnung am 1. Januar 1999 vom Gesetzgeber auch die Restschuldbefreiung eingeführt wurde, war meiner Meinung nach schon sehr bedenklich – Schuldner konnten durch ein Insolvenzverfahren in Verbindung mit Durchlaufen der Wohlverhaltensperiode von den verbleibenden Verbindlichkeiten befreit werden, neu anfangen. Und die Gläubiger?! Sie hatten eben einfach – im besten Fall nur – auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten.
Und nun wurde auch noch beschlossen, die Frist bis zur Restschuldbefreiung bereits mit der Insolvenzeröffnung beginnen zu lassen, und auch die Dauer der Wohlverhaltensperiode wurde drastisch gekürzt – neue Modalitäten wurden geschaffen.
Es ist durchaus verständlich und wünschenswert, gescheiterten Selbständigen schneller die Chance zu gegeben, sich bald wieder wirtschaftlich einzubringen zu können. Aber die Verkürzung der Wohlverhaltensperioden gilt ja ebenso für die Privathaushalte, deren Verschuldung in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Auch wenn die Ursachen dafür oft in Bereichen liegen, die Betroffene nicht unbedingt selbst zu verantworten haben, so ist eine solch rasche Entschuldungsmöglichkeit, wie sie die Insolvenzrechtsreform jetzt auch für Privathaushalte bietet, nach meiner Meinung ein ganz falsches Signal.
Wo finden die Gläubiger da genügend Beachtung?
In den sechs Jahren, die die bisherige Wohlverhaltensperiode dauerte, haben sie zwar schon Geld in den Wind schreiben müssen, aber zumindest noch einen erheblichen Teil ihrer Forderungen bekommen; dies dürfte sich nun aber nochmal um die Hälfte reduzieren. Und – viele Verbraucher haben bisher ihre Insolvenzanträge noch zurück gehalten. Die werden jetzt gestellt. Jetzt, wo man innerhalb von drei Jahren seine Schulden los sein kann, und das für den „Schnäppchenpreis“ von 35%.
Es muss etwas dafür getan werden, dass es gar nicht erst zu einer Anhäufung von Schulden kommt. In vielen Familien fehlt die Finanzkompetenz. Eigentlich muss einem doch schon der gesunde Menschenverstand sagen, dass man nicht mehr Geld ausgeben kann, als man zur Verfügung hat. Für alle, die private Schulden z. B. aus Käufen bei Versandhäusern machen, wünsche ich mir sogar eine Verlängerung der Wohlverhaltensperiode auf zehn Jahre. Und solche Schuldner müssten nach meiner Meinung auch verpflichtet werden, an einem Kurs für privates Finanzmanagement teilzunehmen.
Mein Fazit zur Insolvenzrechtsreform: die Stufen führen abwärts!
Für weiterführende Informationen lesen Sie unsere Pressemitteilung unter: